: Drei Punkte, zwei Teams, aber eine Krise
DERBY Beim 2:1-Sieg von Schalke über Dortmund offenbart sich, wie weit beide Teams noch von der Bundesligaspitze entfernt sind – trotz ihrer teuren Kader und ihrer großen Spiele in der Champions League
AUS GELSENKIRCHEN DANIEL THEWELEIT
Am Samstag zeigte Mats Hummels, dass auch einer, der fast alle großen Titel gewonnen hat, in für ihn ungewohnten Zeiten der Entbehrung bemerkenswert routiniert zu Werke gehen kann. „Wir hatten eine schlechte Woche, aber wir wollen das nach sechs Spieltagen nicht zu hoch hängen“, sagte der Dortmunder Innenverteidiger, um dem schmerzhaften 1:2 gegen Schalke 04 im Revierderby die Schärfe zu nehmen.
Nur einen Punkt hat der BVB damit aus den jüngsten drei Partien eingespielt, der Rückstand auf den FC Bayern ist schon wieder auf sieben Zähler angewachsen und, noch schlimmer: Schalke steht jetzt vor dem BVB.
Das sind aus Dortmunder Sicht überaus betrübliche Fakten, Hummels aber beschwichtigte: „Außer gegen Leverkusen waren wir in keinem der bisherigen Spiele die schlechtere Mannschaft.“
Das klingt nach Zuversicht und einem ungebrochenen Glauben an die eigenen Fähigkeiten und wird den enttäuschten Anhängern vermutlich ein wenig Trost spenden. Wobei die Erkenntnis, dass der BVB derzeit eher eine Schöpfung der Improvisation als ein durchkomponiertes Meisterwerk ist, zu der bitteren Erkenntnis führt, dass dem BVB „alles andere als ein guter Saisonstart“ gelungen ist, wie Jürgen Klopp konstatierte. „Wir sind nicht on top, was Eingespieltheit angeht, wir sind nicht on top, was die Form einzelner Spieler angeht“, sagte er, wies aber darauf hin, das die Verletzungsprobleme keineswegs der vorrangige Grund für diese Derbyniederlage gewesen seien.
Trotzdem hätten „die Jungs, die heute auf dem Platz standen, gewinnen können“, meinte Klopp, wären da nicht diese „Konzentrationsmängel“.
Fehler aus den Spielen gegen Mainz und Stuttgart setzten sich nun auf Schalke fort. „Wir haben die größte Mannschaft, die wir je auf dem Eis hatten, gestellt, und kriegen trotzdem zwei Gegentore nach Ecken, dafür gibt es natürlich keine Erklärung“, haderte Klopp.
Schwer verständlich bleibt, wie dieser geschwächte Kader das Spiel gegen Arsenal vor knapp zwei Wochen auf den Rasen zaubern konnte. Ist das Team also in der Champions League motivierter, hungriger? „Das ist Schwachsinn, so einen Humbug habe ich selten gehört“, erwiderte Hummels auf entsprechende Nachfragen, „solche Behauptungen sind nicht mal der Rede wert.“
Unbestritten ist aber, dass die Dortmunder den FC Schalke vorerst in der Rolle des kriselnden Spitzenklubs abgelöst haben. In der Tabelle sind die Gelsenkirchener mit diesem Sieg am BVB vorbeigezogen, was die Stadionregie schon Sekunden nach dem Abpfiff effektvoll zur Therapie des geschundenen königsblauen Selbstvertrauens nutzte.
Die völlig abgekämpften Schalker lagen noch erschöpft auf dem Rasen, als ein Tabellenausschnitt auf dem Videowürfel erschien, Rang 7 bis 12 waren dort aufgelistet. Ganz oben erschien unter dem Jubel des Publikums der FC Schalke. Dahinter auf Rang 9 stand der BVB.
Er sei „überglücklich“, den „fantastischen Fans diesen Sieg schenken zu können“, sagte Trainer Jens Keller, und tatsächlich wird die Skepsis gegenüber der Mannschaft und dem Trainer, die die vergangenen Wochen dominiert hatte, vorerst überdeckt von der beflügelnden Derbysiegereuphorie. „Die Nummer eins im Pott sind wir!“, sangen die Fans, und Horst Heldt hofft nun auf einen nachhaltigen Effekt dieses Erlebnisses.
„Wenn man einmal Blut geleckt hat und Erfolge einfährt, weiß man, wie schön das ist, und möchte das beibehalten“, meinte der Manager. Dass die Mannschaft bisher aber nur in den großen Spielen in Chelsea, gegen die Bayern und nun im Derby diese Leidenschaft entwickeln konnte, wirft weiterhin einen dunklen Schatten auf diese erste Saisonphase.