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Archiv-Artikel

Kleinfeld trumpft noch einmal auf

Der scheidende Siemens-Chef stellt seinem Nachfolger hohe Hürden auf: Er erhöht die Renditeziele für fast alle Bereiche. Und das, obwohl sich die Korruptionsaffäre täglich weiter auszudehnen droht. Jetzt ermittelt auch die US-Börsenaufsicht formal

MÜNCHEN afp/taz ■ Der scheidende Siemens-Chef Klaus Kleinfeld hat seinem noch nicht genannten Nachfolger hohe Hürden aufgebaut. Die gestrige Vorstellung seines letzten Halbjahresberichts nutzte er, um auch das Programm „Fit for 2010“ zu präsentieren, das eine weitere Erhöhung der schon jetzt ehrgeizigen Ziele vorsieht. Bis 2010 soll der Münchener Konzern die Rendite auf das eingesetzte Kapital auf 14 bis 16 Prozent verbessern. Im Geschäftsjahr 2005/06 hatte er 10 Prozent erreicht. Neun der elf Bereiche erhalten neue, ehrgeizigere Margenziele. Wachsen soll Siemens weiterhin doppelt so schnell wie die Weltwirtschaft.

Zugleich muss sich der kommende Konzernchef auf neue Enthüllungen im Schmiergeldskandal gefasst machen: Die US-Börsenaufsicht SEC hat nun eine formelle Untersuchung eingeleitet. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Siemens bestraft wird – möglich sind Geldstrafen bis zu 2 Milliarden US-Dollar. Schon jetzt hat die Affäre Siemens viel Geld gekostet. Für externe Hilfe bei der Aufklärung gab der Konzern bisher 63 Millionen Euro aus.

Kleinfeld erklärte, ihm persönlich werde von der SEC kein Vorwurf gemacht. Für ihn seien die Zweifel im Aufsichtsrat ausschlaggebend dafür gewesen, dass er auf eine Verlängerung seines am 30. September auslaufenden Vertrags verzichtet habe. „Ich bedauere, das Unternehmen zu verlassen. Es war ein wichtiger Teil meines Lebens.“ Im Betriebsrat schien man allerdings nicht allzu traurig über den Abschied zu sein. „Seine Leistung bestand darin, zu verkaufen, was nicht performte“, hieß es aus dem Umfeld. „Das ist keine große Kunst.“

Bei den Vorstellungen, welche Qualitäten der neue Chef mitbringen müsse, waren sich Kleinfeld und seine internen Kritiker allerdings erstaunlich einig. Er müsse „das Unternehmen kennen und verstehen“. Und vor allem: Er müsse sich in Technik und Technologien auskennen.

Kleinfeld kündigte an, vorzeitig auszuscheiden, wenn ein Nachfolger gefunden ist. „Ich werde natürlich nicht im Wege stehen.“ Wer der Neue sein soll, war bis Redaktionsschluss offen. Spekuliert wurde zuletzt vor allem über Linde-Chef Wolfgang Reitzle. Ein Handelsblatt-Bericht, der ehemalige ThyssenKrupp-Vorstands- und neue Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme werde auch neuer Vorstandsvorsitzender, wurde umgehend dementiert.

Kleinfeld hatte bei seinem Amtsantritt sein persönliches Schicksal an das Erreichen seiner Renditeziele innerhalb von zwei Jahren geknüpft. Am Tag nach seiner Ankündigung, nicht mehr für eine Vertragsverlängerung zur Verfügung zu stehen, konnte er nun verkünden, dass alle Geschäftsbereiche die Renditeziele erfüllt und zum Teil sogar übertroffen haben. Im zweiten Quartal 2006/2007 stieg der Konzerngewinn im Jahresvergleich um gut ein Drittel auf 1,26 Milliarden Euro. Besonders groß fiel die Gewinnmarge im Bereich Automation and Drives mit 14,2 Prozent aus. Auch die Sparte Medical Solutions mit einer Marge von 13,4 Prozent gehörte zu den großen Gewinnbringern des Münchner Elektronikkonzerns.