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Archiv-Artikel

Die über den Tellerrand blickt

Als das German Institute of Global and Area Studies (Giga) 1964 in Hamburg gegründet wurde, hieß es noch schlicht „Deutsches Überseeinstitut“. Der Name ist längst angliziert, doch der Fokus blieb: am Giga blickt man über den Rand der westlichen Hemisphäre. Die 160 Wissenschaftler forschen zu allen Regionen außer Westeuropa und den USA. Insofern passt Amrita Narlikar perfekt zu ihrem neuen Arbeitsplatz. Am Mittwoch bezieht die neue Giga-Präsidentin ihr Büro in Hamburg. Narlikar verkörpert die Philosophie des Giga in persona. Sie wurde in Indien geboren – in welchem Jahr, verrät sie nicht –, dem Schwellenland mit Milliardenbevölkerung, dem Atombombenprogramm und einer Raumfahrtmission. Narlikar forscht zum Aufstieg neuer Weltmächte.

Die neue Chefin studierte Geschichte und Internationale Beziehungen in New Delhi. Anschließend wechselte sie 1996 nach Oxford an das im 13. Jahrhundert gegründete Balliol-College, welches auch als Sprungbrett in eine politische Karriere diente. Narlikar promovierte und wechselte nach Cambridge. Dort gründete sie das Centre for Rising Powers.

Narlikars Weg in die Wissenschaft schien vorgezeichnet. Ihr Großvater war Physiker, ihr Vater ist Mitglied der Indischen Akademie der Wissenschaften und lehrte ebenfalls in Cambridge.

Am Giga reize sie der enge Kontakt zur deutschen Politik, sagte Narlikar, als sie im September zur Präsidentin gekürt wurde. Das Giga ist eines von 89 Instituten, die in der Leibniz-Gemeinschaft zusammengeschlossen sind. Seinen Etat von jährlich zehn Millionen Euro bezieht es zu einem Drittel vom Auswärtigen Amt, und so gehört es auch zu seinen Aufgaben, die Bundesregierung zu beraten. Narlikar hat bereits für internationale Organisationen gearbeitet und Strategien für einen konstruktiven Umgang mit den aufstrebenden Mächten entwickelt. Ihr in diesem Jahr erschienenes Buch heißt: „Bargainin with India. Lessons from the Mahabharata“. Das Mahabharata ist Indiens bekanntestes Versepos, es entstand vor etwa 2.000 Jahren und umfasst über 100.000 Verse. Eine zusätzliche und sicher interessante Perspektive für die deutsche Außenpolitik. ANNA LEHMANN