Ghani erlaubt Nato zu bleiben

AFGHANISTAN Neue Regierung unterschreibt das lange verzögerte Sicherheits- und Stationierungsabkommen. Künftig brauchen ausländische Soldaten ein Visum

Von den künftig 12.000 Nato-Soldaten in Afghanistan sind bis zu 1.400 Ausbilder

VON THOMAS RUTTIG

BERLIN taz | Ihr erstes Versprechen an die Weltgemeinschaft hat die neue afghanische Doppelspitze aus Präsident Aschraf Ghani und „Ministerpräsident“ Abdullah Abdullah gestern erfüllt. In Anwesenheit beider unterzeichnete der neue nationale Sicherheitsberater und Ex-Innenminister Hanif Atmar das bilaterale Sicherheitsabkommen mit den USA sowie ein Abkommen über den Status der Nato-Truppen im Land.

Damit ist die Nato-Mission „Resolute Support“ ab Anfang 2015 gesichert, die weiter afghanische Soldaten und Polizisten ausbilden soll. Nach Angaben des deutschen Nato-Generals Hans-Lothar Domröse werden Logistiker, Personal zur medizinischen Versorgung und zum Schutz der 1.200 bis 1.400 Ausbilder das Gros der künftigen, 12.000 Mann starken Isaf-Nachfolgemission bilden. Damit bleiben auch Nato-Kampftruppen im Land.

Unklar ist, ob die Anti-Terror-Komponente, zu der die USA, Australien und weitere Staaten beitragen wollen, hier eingerechnet ist. Anfang September hatte die Nato noch 41.124 Soldaten aus 48 Ländern in Afghanistan, die meisten – 28.970 – aus den USA. Deutschland war mit 1.599 drittgrößter Truppensteller.

Hamid Karsai hatte sich in seinem letzten Amtsjahr als Präsident geweigert, das Abkommen zu unterschreiben, und in seiner Abschiedsrede den USA erneut vorgeworfen, nicht an Frieden in Afghanistan interessiert zu sein. Er war bei der Unterzeichnung auch nicht zugegen. Im Gegenzug hatten die USA mit der „Null-Option“ – vollständigem Abzug – gedroht, verbunden mit dem Hinweis, dass dann der Kongress wohl kaum versprochene Gelder für die afghanischen Streitkräfte sowie den Wiederaufbau genehmigen würde. Das hätte nicht nur die Kabuler Regierung gegenüber den zunehmend selbstbewusst auftretenden Taliban anfälliger gemacht, sondern etwa die Fortdauer von Sozialprogrammen gefährdet, von denen weitgehend die Zustimmung der Bevölkerung für das ausländische Engagement abhängt. Bei sinkenden Eigeneinkünften kommt Afghanistans Budget weiterhin zu etwa 90 Prozent aus externen Ressourcen.

Dies Botschaft kam an, gerade beim Wirtschaftsexperten Ghani: Vor zwei Wochen musste die Regierung noch unter Karsai wegen akuter Zahlungsprobleme bei westlichen Staaten um ein Rettungspaket von umgerechnet 400 Millionen Euro ersuchen.

Aber Ghani machte nach der Unterzeichnung auch klar, dass er wie Karsai Afghanistans Souveränität im Blick haben muss. Deshalb werden die US-Truppen auf afghanischen Stützpunkten, wenn auch wohl weiterhin abgeschottet, stationiert werden und künftig auch Visa benötigen. Bisher hatten die Truppensteller ihre Soldaten direkt ohne individuelle Genehmigung eingeflogen. (Mit dpa)