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Archiv-Artikel

„Irak ist auch Heimat“

Am Montag moderiert Dunja Hayali erstmalig beim „heute-journal“. Die deutsch-irakische Journalistin über Migrantenquote und Terrormeldungen

INTERVIEW DANIEL BOUHS

taz: Frau Hayali, wenn man sich die Entscheidung des ZDF ansieht, Sie als neue Komoderatorin des „heute-journals“ zu besetzen, könnte man schon auf den Gedanken kommen, der Sender wollte mit Ihnen seine nicht gerade rühmliche Migrantenquote verbessern.

Dunja Hayali: Darauf sprechen mich jetzt natürlich alle an. Ich finde es aber ganz gut, dass das ZDF damit sehr offensiv umgeht und das auch nicht verheimlicht. Die haben erkannt – so wie inzwischen hoffentlich auch andere Sender – dass sich die Gesellschaft in Deutschland verändert hat. Und da das Fernsehen das Spiegelbild der Gesellschaft ist, finde ich es nur logisch, dass sich die Sender nach Leuten mit einem Migrationshintergrund umgucken. Und sagen wir es einmal so: Er war zwar auf jeden Fall ein Pluspunkt. Aber wenn ich meinen Job nicht gut machen würde, hätte mir mein Migrationshintergrund allein sicher nichts genützt.

Wurden Sie denn gezielt nach Mainz geworben – oder mussten Sie sich dann doch noch in einem Casting durchsetzen?

Es wurden noch zehn andere Kollegen gecastet. Da war auch noch gar nicht klar, für welche Sendungen neue Köpfe gesucht werden. Mich rief irgendwann danach Claus Kleber an und sagte, dass er mich gern kennen lernen möchte. Wir haben uns dann erst einmal über alles Mögliche unterhalten, aber nicht wirklich über den Job. Erst als ich irgendwann fragte, worum es eigentlich geht, hat er mich aufgeklärt.

Ganz ehrlich: Einen Job, bei dem man als Komoderatorin nur Nachrichten vorliest, muss doch – abgesehen von der Prominenz der Sendung – langweilig sein.

Ganz und gar nicht! Außerdem lese ich ja nicht nur Texte vor, wie das beispielsweise die Moderatoren der „Tagesschau“ machen, sondern schreibe meine Meldungen selbst. Und dass ich beim „journal“ als Komoderatorin keinen großen Raum für ausgefallene Moderationen habe, ist gar nicht schlimm: Ich mache ja mit der 14-Uhr-Sendung „heute in deutschland“ auch noch ein ganz anderes Format.

Ihre Eltern stammen aus dem Irak, Sie sind aber in Deutschland geboren und aufgewachsen. Haben Sie trotzdem eine eigene Beziehung zum Irak?

Seit ich denken kann, war ich immer wieder auf Besuch im Irak. Außerdem lebt meine Familie noch immer in Bagdad. Der Irak ist und bleibt für mich immer wichtig und ist absurderweise auch Heimat, obwohl ich da eben nie gelebt habe.

Und dann müssen Sie täglich diese Schreckensmeldungen verlesen. Oder stumpfen selbst Sie wie viele Zuschauer mit der Zeit ab?

Wenn eine Eilmeldung in Sachen Irak über den Ticker läuft, muss ich im ersten Moment immer noch schlucken. Mittlerweile habe ich aber gelernt, darauf einen professionellen Blick zu haben. Natürlich kann ich nicht abstreiten, dass in meinem Kopf auch mal die Frage schwirrt, was mit meinen Verwandten ist, die unter Umständen auch betroffen sind. Aber ich muss diese Meldungen erst einmal bearbeiten wie alle anderen auch. Mir blutet übrigens in solchen Fällen genauso das Herz, wie wenn ich eine Meldung lese, was vielleicht in Somalia Schlimmes passiert ist. Aber das ist nun mal der Job.

Ist denn aus Ihrer besonderen Sicht mit der Berichterstattung über den Irak hier in Deutschland alles im Reinen?

Ich finde es natürlich schade, dass die schönen Seiten des Landes, die es ja immer noch gibt, kaum vorkommen. Was wir mitbekommen, ist ja meist nur der Terror – obwohl das Land nach wie vor faszinierende Seiten hat. Aber ich verstehe, dass das hierzulande der Fokus ist.

Irakkorrespondentin Dunja Hayali. Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht?

Ja, ich würde das auch machen. Mein Traum wäre aber, eine Reportage zu drehen. Das ZDF wird mir da sicher keine Steine in den Weg legen. Ganz im Gegenteil: Nach dem Gespräch mit Claus Kleber denke ich, dass sie meine Pläne sogar begrüßen würden. Dazu muss sich allerdings erst einmal die Sicherheitslage deutlich verbessern. Aber das kann und wird wohl leider noch lange dauern.