: Sterbendes System
SEITENWECHSEL Exgesundheitsminister Daniel Bahr geht zur Allianz-Versicherung. Dafür hagelt es Kritik. Doch die Große Koalition stellt sich bei Karenzzeiten für Exregierungsmitglieder weiter taub
BERLIN taz | Der FDP-Politiker Daniel Bahr wird Vorstandsmitglied der Privaten Krankenversicherung Allianz. Bahr war bis 2013 Gesundheitsminister und damit direkt für Gesetze verantwortlich, die die privaten Krankenversicherung betrafen. Anders als Eckart von Klaeden oder Ronald Pofalla (beide CDU) wird Bahr nicht als Lobbyist arbeiten. Er soll bei der Allianz PKV in das operative Geschäft wechseln.
Die Organisation lobbycontrol kritisiert gleichwohl, dass dieser „Wechsel selbstverständlich die Frage nach Interessenkonflikten aufwirft.“ Denn Bahr werde künftig natürlich „mit politischen Fragen in Kontakt kommen“, so lobbycontrol. Sein Vorgänger im Vorstand der Allianz PKV, Christian Molts, forderte 2013 steuerliche Anreize für die betriebliche Krankenversicherung. Die Versicherung erhofft sich vom Exminister, dass er den Konzern „unternehmerisch voranbringt“, wie Markus Rieß, Vorstandsvorsitzender der Allianz, sagte. Bahr hatte sich als Minister tatkräftig für die Interessen der Privaten Krankenversicherungen eingesetzt.
Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitsexperte, sagte der taz: „Die Bürgerversicherung wird kommen, egal was Herr Bahr tut.“ Die privaten Krankenversicherungen seien „ein sterbendes System“. Bahr werde bei der Allianz die Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin nicht verhindern, so Lauterbach.
Die Grünen kritisieren, dass die Große Koalition keine Karenzregelung schaffe. Die parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann fordert „endlich klare Regeln für Regierungsmitglieder und Wirtschaft“.
Die SPD hatte sich in der Opposition unter dem Eindruck der Affäre um Peer Steinbrücks Nebeneinkünfte für 18 Monate Karenzzeit für Exkabinettsmitglieder stark gemacht. Diese soll für Exminister und -staatssekretäre gelten, die in ihren Fachgebieten in die Wirtschaft wechseln. Mit der Union hatte die SPD sich informell auf 12 Monate Pause geeinigt. Bisher hat die Große Koalition alle Versuche der Oppostion abgewehrt, das Thema im Bundestag auf die Tagesordnung zu setzen. SR
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