: Mehr Sicherheit, weniger Sicherheitsgefühl
NAHVERKEHR Mehr Kameras und Personal sollen Fahrgästen in Bus und Bahn die Angst vor Angriffen nehmen. Doch das Problem ist nicht die Sicherheit, sondern vor allem das Sicherheitsgefühl
Die BVG soll mit mehr Überwachungstechnik und Sicherheitspersonal ausgerüstet werden – obwohl die Zahl der Gewaltdelikte sinkt. Das führte bei einer Anhörung des Stadtentwicklungsausschusses im Abgeordnetenhaus am Montag zu Irritationen.
„Die Zahl der Übergriffe nimmt in großem Maßstab ab, und die Aufwendungen zur Erhöhung des Sicherheitsgefühls steigen“, kritisierte Jutta Matuschek, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Auch von der Polizei kommen Bedenken, ob Kameras die subjektive Sicherheit steigern: „Menschen sind Rudeltiere“, sagte die Präventionsbeauftragte Susanne Bauer. Sie fühlten sich dann wohl, wenn Menschen in der Nähe seien. Technik wie Videoüberwachung könne dieses Empfinden höchstens leicht verbessern.
Hintergrund ist die angestrebte Aufstockung von Überwachungstechnik und Sicherheitspersonal bei der BVG. Damit sollen es – so hat es der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) angekündigt – Fahrgäste der BVG künftig sicherer haben. Der Schritt war eine Reaktion auf Gewalttaten in U-Bahnhöfen in den vergangenen Monaten. Doch laut Polizei gehen die Gewalttaten zurück. „Sowohl die Zahl als auch die Intensität der Taten nimmt ab“, sagte Bauer.
Aktuell filmen nach Angaben der BVG 1.150 Kameras 173 U-Bahnhöfe. Das Videomaterial wird nach 24 Stunden überschrieben. Im vergangenen Jahr wurden 2.900 Datensätze gespeichert, weil die Polizei ein Video anfragte. Dürfte die BVG die Bilder 48 Stunden speichern, wie es sich das Unternehmen und Wowereit wünschen, rechnet die Polizei damit, noch häufiger Videos anzufordern.
Kameras sind deshalb beliebt, weil sie weniger kosten als Personal. Außerdem müssen sie nicht zu Einsätzen an anderen Orten abgezogen werden – wie die polizeiliche Einsatzreserve, die derzeit in die Bahnhöfe geschickt wird –, bis ausreichend zusätzliche Polizisten ausgebildet wurden. Doch weil die 60 Polizisten umfassende Reserve eigentlich für besondere Ereignissen wie Bombenentschärfungen vorgesehen ist, kann sie nicht ständig in voller Stärke auf Streife in den Bahnhöfen sein.
Bauer führte das gestiegene Unsicherheitsgefühl vor allem auf die veröffentlichten Bilder der Angriffe zurück: „Durch die Medien haben wir eine völlig andere Wahrnehmung als früher.“
SVENJA BERGT