Bioenergie fördert Gentechnik

Auf rund 3.700 Hektar wird in diesem Jahr Genmais angebaut. Das Gros davon liegt im Osten, wo die Landwirtschaft besonders großflächig und industriell betrieben wird. Der Trend steigt – denn die Biogasanlagen zahlen gute Preise

AUS BERLIN HANNA GERSMANN

Elektrizität aus Mais? Eigentlich hört sich das gut an: Bioenergie vom Acker könnte klimaschädigende Kohlekraftwerke ersetzen. Die Technik ist simpel. Die Pflanzen landen in Anlagen, die ähnlich funktionieren wie der Magen einer Kuh. Es entsteht Biogas. Und das kann zur Stromerzeugung genutzt werden. Allein: „Mit der Bioenergie kommt die Gentechnik – vor allem im Osten“, warnte gestern Hubert Weiger, der Agrarexperte des Umweltverbandes BUND.

Noch gedeihen hierzulande nur wenig Genpflanzen. Forscher experimentieren mit Genweizen, -erbsen, -raps oder -kartoffeln im Freien. Bauern päppeln auf ihren Äckern bislang aber allein Genmais. Sie müssen die Felder beim staatlichen Standortregister anmelden. Dieser Tage geht es wieder los.

In diesem Frühjahr wollen Landwirte auf rund 3.700 Hektar Genmais ausbringen – bundesweit sind das nur 0,2 Prozent aller Maisfelder. Regional häu- fen sie sich jedoch: Knapp 60 Prozent der Genäcker liegen in Brandenburg, 18 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern und gut 16 Prozent in Sachsen.

Diese Verteilung „hat einen Grund“, sagt Weiger, „in Bayern sind die Felder klein, die Höfe seit langem in der Familie, die Gentech-Skepsis ist groß.“ Dem lieben Gott will keiner ins Handwerk pfuschen: Nirgendwo sonst gibt es so viele Regionen, die sich für „gentechnikfrei“ erklärt haben, wie in Süddeutschland. Weiger: „Die Landwirtschaft im Osten ist hingegen hochtechnisiert, die großflächigen Betriebe werden wie Konzerne geleitet.“

Die Agrarunternehmer versprächen sich durch die Genpflanzen höhere Erträge. Und: Sie setzten auf Bio-Energien. Die meisten Biogas-Anlagen stehen ebenfalls im Osten. Brandenburg ist bundesweit Spitzenreiter. „Der Genmais wird da reingestopft“, sagt Weiger.

Für Landwirte sind die Bio-Energien eine gutes Geschäft: Landet ihr Mais im Tiertrog, bekommen sie rund 400 Euro pro Hektar, geht er in die Biogasanlage, sind es 1.000 Euro. Die Pflanzen sind begehrt, seitdem nachwachsende Rohstoffe das Klima retten sollen. Zugleich wandelt sich die Skepsis der Verbraucher: Lange Zeit waren 70 Prozent der Deutschen gegen Gentechnik in der Landwirtschaft. Sie akzeptierten sie nur in der Medizin. Das Meinungsforschungsinstitut Allensbach hat jüngst ermittelt, dass nun knapp 70 Prozent der Deutschen für Genmais sind, wenn daraus Ökostrom wird.

Derzeit schrecken die meisten Bauern vor Genpflanzen zurück. Noch müssen sie haften, wenn Genpollen sich von ihrem Acker machen und das Nachbarfeld verunreinigen. Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) arbeitet aber bereits an einem neuen Gentechnikgesetz. Er will es den Bauern einfacher machen. Umweltschützer Weiger warnt davor. Öko-Energien findet er zwar „gut“. Doch will er verhindern, dass sich Gentechnik mit Lebensmitteln vermischt.