: Weiter Ärger um Vergleichstests
Nicht nur die Vergleichsarbeit für die 3. Klassen, auch die für die 6. Klassen fanden viele Lehrer zu schwer. Besonders die Benotung wird kritisiert. Ab 2009 sind bundeseinheitliche Test geplant
VON KAIJA KUTTER
Als sich vor einer Woche herausstellte, dass die Vergleichsarbeit Deutsch für die dritten Klassen katastrophal ausfiel, trat die Bildungsbehörde sofort die Flucht nach vorn an. Die Arbeit sei „nicht altersgemäß“ gewesen, räumte Sprecher Alexander Luckow ein und kündigte an, dass die Arbeit nicht gewertet und am 31. Mai wiederholt wird. Es handle sich um einen „einmaligen Ausreißer“, weil nur drei Grundschullehrer und ein Behördenreferent den Test zuvor begutachtet hatten.
In dem Test, in dem es um die Geburtenkontrolle bei Koalabären auf einer kleinen australischen Insel ging, wurden unter anderem Prozentzahlen und Zahlen im 100.000-er Bereich vorausgesetzt, die in Klasse drei noch gar nicht auf dem Lehrplan stehen. Der Ärger unter den Grundschullehrern ist immer noch groß. Ihre Kinder hätten geweint, manche sogar „vor Angst in die Hose gemacht“, berichten einige.
Der Test war die erste Vergleichsarbeit für diese Klassenstufe, die nicht nur im Schulbezirk, sondern hamburgweit gleichzeitig durchgeführt wurde. Ein Vorgehen, was offenbar auch in den sechsten Klassen zu Problemen führte. „Bei uns ist die Arbeit ganz beschissen ausgefallen“, sagt eine Deutschlehrerin. Es gebe nur wenige Zweien und viele Fünfen und Sechsen. „Die Arbeit war nicht für uns gemacht. Sie fordert ab, was Sechstklässler vielleicht schaffen können. Aber nicht Schüler mit Migrationshintergrund.“ Sie traue sich nun gar nicht, diese „Kinderfrustrierungsarbeiten“ zurückzugeben.
In der Arbeit, die in der Note wie eine Klassenarbeit zählt, ging es um eine Fabel von einer Spinne, die Fliegen fängt und einer Fliege, die ihr entkommt aber später auf einem Fliegenleimband verendet. Die Schüler sollten die Fabel in fünf Teile zerlegen und bekamen dafür sechs Teilüberschriften vorgegeben: „Dialog 1, Ergebnis 2, Moral oder Lehre, Situation, Dialog 2, Ergebnis 1“. „Viele Schüler haben überhaupt nicht verstanden, was das soll“, berichtet die Lehrerin, „wir haben den Aufbau im Unterricht anders geübt“. Eine Fabel nach diesen Aufbaukriterien zu analysieren sei, „didaktisch nicht vorgegeben“.
Laut Sprecher Luckow gab es für die sechsten Klassen „keine Rückmeldung, dass es Probleme gibt“. Es könne aber sein, dass die Arbeit „vom Niveau her möglicherweise die bisherige Tradition in der Stadt übersteigt“. Ein Problem, dass sich verschärfen könnten, denn ab 2009 werden die Vergleichsarbeiten gar nicht mehr in Hamburg, sondern in Berlin von dortigen „Institut zur Qualitätssicherung im Bildungswesen“ (IQB) für alle Bundesländern einheitlich erstellt. Luckow: „Das wird mit Sicherheit keine Niveausenkung bedeuten.“
Allerdings ist noch offen, ob den Ländern vorgeschrieben wird, diese Vergleichsarbeiten in die Noten einzubeziehen, was manche Bildungsforscher ablehnen. „Ich finde nicht, dass sie in die Noten eingehen sollten“, sagt beispielsweise der Erziehungswissenschaftler Reiner Lehberger. Dadurch bekämen die Tests ein Übergewicht, was dazu führe, dass nur noch für die Vergleichsarbeit gelernt wird. Dabei sei es Sinn dieser Arbeiten, zu diagnostizieren, wo die einzelnen Schulen stehen und was sie verbessern müssten.
Laut Behördensprecher Alexander Luckow wäre Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) dafür offen, Vergleichstest künftig nicht mehr zu benoten. Es sei „eine Bitte vieler Schulen“ gewesen, diese als Klassenarbeit werten zu dürfen, aus „arbeitsökonomischen Gründen“.
Für Lehberger ist es dringend an der Zeit, zu überprüfen, welchen Effekt die in Hamburg im Fach Mathematik bereits seit Jahren durchgeführten Arbeiten haben. Lehberger: „Die Frage, ob die Schulen dadurch besser werden, hat noch keiner gestellt.“ Nach seiner Beobachtung werden die Schulen durch die Test stark in Aufregung versetzt. „Ich höre viel Ablehnung gegenüber dem Druck, der erzeugt wird.“