Verfassungsschutz findet altes NSU-Material

PANNE V-Mann Corelli lieferte schon 2005 an das Bundesamt für Verfassungsschutz eine CD, auf der vom NSU die Rede ist. Doch bei der Behörde wurde sie offenbar vergessen oder nicht ernst genug genommen

FREIBURG taz | Neuer Skandal beim Verfassungsschutz: Schon seit 2005 lagert dort eine CD, auf der sich eine Datei mit dem Namen „NSDAP/NSU“ befinden soll. Doch erst jetzt, drei Jahre nach Auffliegen der rechten Terrorgruppe NSU, will die Behörde darauf gestoßen sein.

Die Bild-Zeitung meldete in ihrer Mittwochsausgabe als Erste den neuen Fund. Doch schon am Dienstagabend hatte Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, bei Abgeordneten angerufen, um zu beichten. Die CD habe der rechte V-Mann Thomas R. (Deckname „Corelli“) 2005 seinem V-Mann-Führer gegeben. Dieser habe jedoch keinen Vermerk darüber geschrieben. Nun sei die CD bei den Asservaten von V-Mann Corelli gefunden worden.

Corelli kann zur CD nicht mehr befragt werden. Er wurde im April dieses Jahres tot aufgefunden. Angeblich starb der 39-Jährige an einem unerkannten Diabetes. Gefunden wurde er von Verfassungsschützern, in deren Zeugenschutzprogramm er sich befand.

Schon Anfang des Jahres war eine rätselhafte CD aufgetaucht, die den Titel „NSU/NSDAP“ trug. Sie enthielt Fotos, Plakate und Karikaturen mit klar rechtsextremistischer Ausrichtung. Das Material stammte zu großen Teilen von einer Webseite, die Corelli betreute. Konkrete Hinweise auf das NSU-Trio fanden sich auf der CD allerdings nicht. Ermittler gingen bisher von einer zufälligen Namensgleichheit aus. Ob die neu gefundene CD mit der bereits bekannten CD identisch ist, ist noch unklar.

Die mit der NSU-Aufarbeitung befassten Bundestags-Abgeordneten sind jedenfalls empört. Burkhard Lischka, der innenpolitische Sprecher der SPD, hat inzwischen beantragt, dass das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) einen externen Sonderermittler einsetzen soll. „Hier muss jetzt jeder Stein im Bundesamt für Verfassungsschutz umgedreht werden“, erklärte Lischka. Auch die Todesursache von Corelli müsse noch einmal geprüft werden.

Christian Ströbele (Grüne) beantragte eine Sondersitzung des PKGr. Allerdings ist die nächste Sitzung des Gremiums ohnehin am kommenden Mittwoch. Petra Pau (Linke) erinnerte daran, dass Maaßen erst vorige Woche im Innenausschuss Fragen zu Corelli beantwortete – ohne Corellis NSU-CD zu erwähnen. „Log er oder ist er Dr. Ahnungslos?“, fragt sich Pau jetzt. CHRISTIAN RATH