: In Heidelberg geht’s Frauen besser
Wo berufstätige Frauen es gut haben, zeigt eine Pilotstudie des DGB. In diesem „Gender-Index“ werden vier Städte auf Kriterien wie Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Anzahl der Kitas untersucht. Heidelberg ist vorn, Siegen liegt ganz hinten
AUS BERLIN HEIDE OESTREICH
In Nordrhein-Westfalen sieht es finster aus für die Gleichberechtigung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Pilotstudie des Deutschen Gewerkschaftsbundes über die Erwerbsmöglichkeiten von Frauen. Die Studie vergleicht vier deutsche Städte und Kreise in Ost und West und erstellt damit erstmals eine Art „Gender-Index“.
Die Autoren der Studie, Gerd Engelbrech vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) und die Unternehmensberaterin Mechthild Kopel, haben Heidelberg in Baden-Württemberg, Halberstadt in Sachsen-Anhalt, Rostock und Siegen-Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen untersucht. Sie zählten die Frauen unter den fest Angestellten, ihren Anteil an den Arbeitslosen, ihre Qualifikation und ob sie Arbeitsmarktförderung erhalten. Auch der Durchschnittsverdienst und die Zahl der Kinderbetreuungsplätze spielten eine Rolle.
Heidelberg landete auf Platz 1, denn in der Unistadt mit der Softwareschmiede SAP sind viele gut qualifizierte Frauen fest beschäftigt. Sie heben das Niveau des weiblichen Durchschnittsverdienstes. Nachlesen können die Heidelberger nun aber auch, dass Berufsrückkehrerinnen es hier besonders schwer haben – in Heidelberg werden die allerwenigsten von allen gefördert.
Rostock landete auf Platz zwei. Hier ist die Erwerbsbeteiligung hoch und die Betreuungssituation gut. Allerdings ist auch die Arbeitslosigkeit unter Frauen hoch. Auf dem letzten Rang, hinter Halberstadt, rangiert Siegen-Wittgenstein. Hier sind Elektrotechnik und Maschinenbau angesiedelt und die wenigsten Frauen überhaupt in Lohn und Brot. Von den Erwerbstätigen arbeiten zudem überdurchschnittlich viele in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen, weshalb ihr Durchschnittsverdienst auch nur knapp über dem der Halberstädterin – unter ihnen viele Langzeitarbeitslose – liegt.
Der Index sei in erster Linie für Städte, Gemeinden und Kreise gedacht, sagt die Autorin Mechthild Kopel. „Wir wollen, dass die kommunale Wirtschaftsförderung Daten an die Hand bekommt, mit denen sie ihre Ansiedlungspolitik steuern kann.“ Der Grund: Die EU hat viele ihrer Fördergelder daran gebunden, dass die Empfänger etwas für die Gleichstellung von Frauen und Männern tun. Wenn nun Siegen-Wittgenstein an diese Fördertöpfe kommen möchte, könnte es sich überlegen, ob es nicht versucht, einen Wirtschaftszweig anzusiedeln, in dem traditionell mehr Frauen arbeiten. Oder ob es nicht mal eine elektrotechnische Weiterbildung für Frauen anbietet.
Maria Kathmann vom Bundesvorstand des DGB hofft, dass die Bundesregierung Geschmack an solchen Rankings findet und sie einmal bundesweit einführt. „Die Kommunen könnten dadurch in einen inspirierenden Wettbewerb treten“, meint sie. Bestenfalls bekämen, die, die schlecht dastehen, einen kleinen „Pisa-Schock“.
In Schweden gibt es einen nationalen Gleichstellungsindex bereits seit einigen Jahren. Dort wird genau aufgelistet, in welchen Sektoren Frauen arbeiten, in welchen Positionen, zu welchen Bedingungen. Die Ergebnisse werden mit den Bedingungen für männliche Arbeitnehmer verglichen. Ein Vergleich, der mangels Daten in der deutschen Pilotstudie noch nicht möglich war. In Schweden werben Gemeinden damit, dass sie die „gleichgestellteste“ ihrer Region sind, oder Regionalzeitungen titeln etwa: „Dalsland ist schlecht bei der Gleichstellung“. Ob es so etwas bald auch in Deutschland gibt? Das Bundesfrauenministerium, dem die Daten am Montag präsentiert wurden, zeigte sich immerhin „sehr interessiert“.