: Waldschützer bis zum Tod
Seit Jahren hatte José Cláudio Ribeiro Silva auf die Todesdrohungen hingewiesen, die er regelmäßig erhielt. „Ich lebe vom Regenwald und schütze ihn, so gut ich kann“, sagte der 54-jährige Regenwaldaktivist im letzten November auf einem Umweltkongress in Manaus. Deshalb könne ihn jederzeit eine Kugel treffen, wie 1988 den Gummizapfer Chico Mendes oder vor ein paar Jahren die Ordensfrau Dorothy Stang.
Seine Frau Maria do Espírito Santo leide ebenfalls sehr unter der Situation, berichtete Zé, wie ihn seine Freunde nannten: „Sie ist eine noch hartnäckigere Verteidigerin des Waldes. Immer, wenn ich einen Holzfäller aufhalte, macht sie Digitalfotos, und deswegen sagen sie immer, sie müssten uns beide umbringen.“
Am Dienstag früh war es so weit. Im Bundesstaat Pará fiel das Aktivistenpaar am Morgen den gezielten Schüssen von Auftragskillern zum Opfer. Ausgerechnet am Abend desselben Tages erzielte die Agrar- und Waldzerstörerlobby im Parlament von Brasília ihren bislang größten Sieg. Der Tod der Urwaldschützer komme denselben Leuten zupass, die nun ein neues, radikal aufgeweichtes Waldgesetz wollten, rief der linke Abgeordnete Ivan Valente und erntete für diese einfache Wahrheit wütende Pfiffe.
Aber die beiden AktivistInnen aus der Gemeinde Nova Ipixuna, die von der Verarbeitung von Paranüssen und anderen Urwaldfrüchten lebten, standen auch anderen im Weg: Viehzüchtern und Köhlern, die Tropenholz für die nahe gelegenen Gießereien verfeuern. 1997, als sie mit gleichgesinnten Waldproduzenten ihre Siedlung gründeten, war ihre Region zu 85 Prozent von Wald bedeckt, heute sind es nur noch 20 Prozent.
„Natürlich habe ich Angst“, hatte der grauhaarige Mann mit der Che-Guevara-Mütze in seiner Rede in Manaus bekannt, „aber das bringt mich nicht zum Schweigen.“
Nach Polizeiangaben wurden Zé und Maria von mehreren Schüssen niedergestreckt, als sie mit einem Motorrad auf der Landstraße nahe ihrer Siedlung entlangfuhren. Teile ihrer Ohren seien abgeschnitten worden, sagte ein Polizist, wohl als „Beweis“ für die Auftraggeber.
GERHARD DILGER
Wirtschaft + Umwelt SEITE 9