: In eigener Sache
BLATTREFORM Dies sind die letzten Fortschrittseiten. Nächste Woche kommt die neue Wochenend-taz mit dem „Sachkunde“-Teil
Liebe LeserInnen, die Fortschritt-Seiten sind Opfer ihres eigenen Prinzips geworden und werden von etwas Neuem abgelöst. Denn ab dem 11. Oktober finden Sie Ihre taz.am wochenende verändert: klarer vom Anfang nach hinten gegliedert in Politik, Kultur, Gesellschaft uuuund – „Sachkunde“.
Dieses neue Ressort Sachkunde soll die Themenwahl breiter machen als der Fortschritt: Neben neuem Denken und Lösungen gibt es nun auch Dossiers zu Bildung, Digitalem, Wissenschaft und Glauben. Mit vier Seiten steht doppelt so viel Platz dafür zur Verfügung.
Hier aber jetzt noch einmal ein Rückblick auf eineinhalb Jahre „Fortschritt“. Der anfangs befürchtete Mangel an wirklich Neuem und Vorzeigenswertem zeigte sich nicht einmal ansatzweise. In dieser Zeit kam zum Beispiel das erste möglichst umwelt- und sozialverträglich konstruierte Handy auf den Markt (das Fairphone, gerade wird die zweite Generation ausgeliefert), Meeresplastik wird endlich genutzt oder Strom durch Lenkdrachen statt durch Windräder erzeugt, zumindest in Prototypen.
In der Medienbranche wie auch im Haus wurde der Fortschritt erst als leicht kurios beäugt. Texte im politischen Teil einer Tageszeitung, ohne Politiker- oder Unternehmerzitate? Seltsam. Für viele kamen die Texte auch zu positiv daher, weil die Personen und Dinge nicht in all ihren Nachteilen dargestellt wurden. Da ist natürlich prinzipiell etwas dran. Aber es fand sich eben auch niemand, der die neue Brille für einen Dollar kritisiert oder den Verkehrsroboter in Kinshasa, der die Zahl der Unfälle drastisch verringerte.
Und wie soll man Vereine in die Mangel nehmen, die in kleineren Gemeinden Dorfzentren und -läden betreiben, wo sich die Leute auch in Zeiten von Supermärkten und verstreutem Arbeiten noch treffen?
Kontroverser ging es bei den Gastbeiträgen zu, den „Forderungen“. Wenn etwa der Ethiker Bernward Gesang den Klimaschutz vor den Naturschutz stellte, dann blieb das nicht unwidersprochen. Die Fortschritt-Seiten waren also ein Experiment. Interessieren Leser die beispielhaften Lösungen, die teils kurios klingenden Ideen anderer? Die Doppelseite wirkte aber auch in die Zeitung hinein und hat hoffentlich auch dem einen oder anderen Journalisten einen Blick auf den konstruktiveren Teil der Wirklichkeit näher gebracht. Wir MacherInnen der Seiten jedenfalls hatten unseren Spaß. REINER METZGER