OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Jean Seberg – American Actress“ (Om engl. U) 3. 5. im Zeughauskino

Seine Gedanken über den Film hat der französische Regisseur Robert Bresson über die Jahre schriftlich niedergelegt und schließlich 1975 als „Notes sur le cinématographe“ in Form eines schmalen Buches (in Deutschland 1980 als „Notizen zum Kinematographen“ erschienen) veröffentlicht. Darin wird deutlich, wie sehr für Bresson das Kino auch eine Frage von Moral war –ein Film kann wahr oder falsch sein, dazwischen gibt es nichts. Falsch war für ihn vor allem das Spiel von Schauspielern, und deshalb arbeitete er seit seinem dritten Spielfilm konsequent mit Laiendarstellern, mit denen er so lange probte, bis ihre Mimik, Gestik und Intonation automatisch und ausdruckslos wurde. So fand Bresson zu einer sehr reinen Form des Kinos: Seine Kinematographen-Filme erzählen allein mit den filmisch-technischen Mitteln wie Einstellungsgrößen, Kamerabewegungen und Schnitt. Dieser Tage erscheint eine von Robert Fischer herausgegebene Neuauflage der „Notizen zum Kinematographen“, die heute Abend mit einer Einführung durch die Regisseurin Angela Schanelec im Arsenal präsentiert wird. Anschließend gibt es Bressons „Pickpocket“ zu sehen, eine überaus präzise Studie eines Taschendiebs. Die Produzenten des Films sahen sich übrigens veranlasst, gleich im Vorspann zu erklären, dass es sich dabei nicht etwa um einen Kriminalfilm handelt.

„Der eiskalte Engel“ 8. 5. im Arsenal 2

Als eine Art kommerzielle Ausgabe von Bresson könnte man Jean-Pierre Melville bezeichnen, der sich in seinen Filmen ebenfalls auf das Notwendige zu beschränken wusste. Allerdings bewegte er sich größtenteils im Genre Gangsterfilm, in dem er seine stilisierten Studien zur existentiellen Einsamkeit des Menschen ansiedelte. In „Der eiskalte Engel“ beschreibt das Interieur seiner trostlosen Wohnung treffend den Charakter des Berufskillers Jeff Costello (Alain Delon): Mehr als ein Bett, einen Schrank, eine leere Kommode und einen Vogelkäfig gibt es da nicht. Eine Beziehung unterhält Costello nur zu dem Vogel, der das einzige Lebewesen ist, an dem der Killer Interesse hat.

Mit Jean-Luc Godards „Außer Atem“ (in dem Jean-Pierre Melville einen Auftritt hat) wurde die amerikanische Schauspielerin Jean Seberg in Europa berühmt: Ihre Kurzhaarfrisur entwickelte sich sogar zum Modeknüller. Doch schon bald plätscherte Sebergs Karriere nur noch vor sich hin, von Ausnahmen wie Philippe de Brocas bitter-süßer Liebesgeschichte „L’Amant de Cinq Jours“ (1961) und Robert Rossens poetischem Psychiatriefilm „Lilith“ (1964) einmal abgesehen. Dann bekam Seberg auch privat massive Sorgen: Durch ihre Unterstützung der Black-Panther-Bewegung wurde sie zur Zielscheibe des FBI. Depressionen und steigender Alkoholkonsum waren die Folgen – 1979 wurde Jean Seberg tot in ihrem Auto aufgefunden. Mit diesen Aspekten ihres Lebens beschäftigten sich die stets an gesellschaftlichen Entwicklungen interessierten Schweizer Regisseure Donatello und Fosco Dubini in ihrem Dokumentarfilm „Jean Seberg – American Actress“ (1995), für den sie alte Freunde der Schauspielerin interviewt haben. Lars Penning

„Pickpocket“ (Om engl. U) 3. 5. im Arsenal 1