: Wo die Vernunft regiert
DRITTE LIGA Osnabrück besiegt Regensburg 2:0, muss aber auch weiterhin mit Rückschlägen rechnen
Als er in der 90. Minute endlich ins Tor trifft, ist die Welt beim VfL Osnabrück in Ordnung. Nach einem scharf hereingeschlagenen Freistoß von Kapitän Alexander Dercho scheitert Addy-Waku Menga mit dem Kopf, kann aber im Nachschuss den 2:0-Sieg sichern. Gegen den SSV Jahn Regensburg zeigt Menga, der nach sieben Jahren im Sommer zum VfL zurückgekehrt ist, wie dringend der Verein den Stürmer braucht.
Denn der im Kongo Geborene sorgt an diesem Samstag nicht nur für sehenswerte Treffer, Fallrückzieher und technische Finessen. Er ist immer noch ein entscheidender Sympathieträger für die Fans – vielleicht auch, weil er abseits des Platzes immer etwas verlegen wirkt. „Ich genieße jedes Spiel und versuche einfach Spaß zu haben, weil ich weiß, dass ich nicht ewig spielen kann“, sagt der 31-Jährige. Klar, Osnabrück hätte einen jüngeren Spieler gebraucht, mit Perspektive. Aber auch einen, mit dem sich das Publikum identifiziert.
Das schafft der Verein, der in der Dritten Liga zwischen Gut und Böse driftet, zurzeit kaum. „Wir hatten einen schlechten Start in die Saison. Das kann man nicht schönreden“, sagt Geschäftsführer Jürgen Wehlend – und hält eisern am eingeschlagenen Weg fest: sparen, sparen und so gut wie möglich abschneiden. So kann der VfL nur auf günstigstes Spielerpersonal zurückgreifen. Und der ersehnte Aufstieg rückt in weite Ferne.
Vernünftiger Optimist
„Wir wollen zurück in die Zweite Liga, aber mit Vernunft und Weitsicht“, so Wehlend. „Wir müssen einen Kader aufbauen, der auch in der Liga zwei bestehen kann.“ Dieser vernünftige, nicht unrealistische Optimismus verfängt nicht bei den Fans: An diesem Wochenende lag die Zuschauerzahl wieder unter 8.000.
Dabei findet die Mannschaft von Trainer Maik Walpurgis immer besser zusammen. Anfangs versuchte das Team, lediglich mit weiten Pässen zu Torchancen zu kommen. Gegen Regensburg zeigte es nun spielerische Qualitäten, konnte den Gegner mit starkem Pressing in die Defensive zwingen. Schön herausgespielte Möglichkeiten hätten den VfL eigentlich schon in der ersten Halbzeit in Führung bringen müssen. Doch Menga vergab mehrmals. Und seine Kollegen hatten auch nicht mehr Erfolg. Erst ein Kopfball von Marcel Kandziora (59.) sorgte für den erlösenden Treffer. Der 24-Jährige entwickelt sich auf der linken Außenbahn immer mehr zum Spielmacher und entscheidenden Passgeber Osnabrücks.
Der VfL, derzeit auf Platz neun, könnte weiter oben stehen. Wäre da nicht die hohe Gegentorquote. „Wenn wir aufhören, uns die Bälle quasi selbst reinzuschieben“, sagt Alexander Dercho, „dann sehe ich uns von der Qualität her unter den ersten fünf.“ Der Aufstieg ist in dieser und auch in der nächsten Spielzeit dennoch nicht das Ziel. „Wir sind in einem Jahr, in dem der Grundstock für die Zukunft gelegt wird“, sagt Geschäftsführer Wehlend, dazu gehörten auch Rückschläge. Im Moment regiert die Vernunft, der Fußball steht im Hintergrund. Aber mittelfristig steht ein Machtwechsel an.
HEIKO OSTENDORF