: Geheizt wird für zwei
Zu unkonkret, zu wenig verbindlich: Die Opposition kritisiert die Energiesparpläne des Landes. Besonders viel Nachholbedarf gebe es bei den Kraftwerken und der Gebäudesanierung
VON MORITZ SCHRÖDER
Bei der Steigerung der Energieeffizienz gebe es „keine Zeit zu verlieren“, verkündete Landeswissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) Mitte Februar. Nordrhein-Westfalen müsse eine Vorreiterrolle einnehmen, um die Energie „sauber, sicher und wettbewerbsfähig“ zu machen. Doch gerade bei ihrem Effizienzprogramm „NRW spart Energie“ soll die Landesregierung zu sparsam sein. Das kritisiert die Opposition im Landtag. Gestern stellten die Grünen im Parlament einen Antrag, in dem sie der Regierungskoalition vorwerfen, abgesehen von einigen „allgemeinen prosaischen Zustandsbeschreibungen“ gebe es kaum Ansätze, wie das Land die Vorgaben von Bundesregierung und Europäischer Union umsetzen will.
Gegenüber dem NRW-Programm hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) überraschend klare Ziele formuliert: Bis zum Jahr 2020 will er etwa den Anteil der hocheffizienten Technologie Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bei Kohle- und Gaskraftwerken in Deutschland bis auf 25 Prozent verdoppeln, 41 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid durch Gebäudesanierung einsparen. Im Vorschlag der Landesregierung fehlen solche Zielmarken. Dort heißt es etwa, die Energieagentur in NRW, eine Beratungsstelle für die Förderung von Energiesparprogrammen, solle ihr „internetbasiertes Informationsangebot ausbauen“. Ziel der Energieoffensive sei es, außer öffentlichen Fördermitteln auch „alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu entwickeln“. Ein „Energie-Team“ soll den Kommunen helfen, Energie zu sparen.
Reiner Priggen, der energiepolitische Sprecher der Grünen im Land, fasst den Vorschlag der Landesregierung so zusammen: „Allgemeines, unverbindliches Gesülze.“ Er hätte erwartet, dass wenigstens klare Zielmarken genannt werden, an denen die zuständigen Ministerien den Erfolg ihrer Programme messen können. Dabei habe gerade NRW ambitionierte Ziele nötig: „Das größte Energieland in der Bundesrepublik sollte in Energiefragen nach vorne gehen“, fordert Priggen.
Auch Uwe Leuchtenberg, Energiefachmann der SPD-Landtagsfraktion, kritisiert den mangelnden Einsatz der Landesregierung für mehr Energieeffizienz. Die Ministerien sollten vor allem mehr Imagekampagnen für das Energiesparen und Erneuerbare Energien auflegen: „Der Ruf der Windkraft wurde in Düsseldorf kaputtgeredet“, sagt Leuchtenberg.
Bislang verschwenden vor allem die Kraftwerke im Land unnötig viel Energie. Laut der Landesregierung beträgt der KWK-Anteil an der Stromerzeugung in NRW bislang nur rund zehn Prozent. Dabei verpufft ein Großteil der Energie ungenutzt, weil der Brennstoff nur Strom, aber keine Wärme erzeugt. Meist fehlen schlicht die Leitungen, um die Wärme zu den Wohnungen zu transportieren: „Obwohl es sich in NRW durch die großen Ballungsräume besonders lohnen würde, investieren Betreiber wie der Essener RWE kaum in neue Leitungen“, sagt Gerd Rosenkranz, Energieexperte der Deutschen Umwelthilfe.
Auch die Gebäudesanierung müsse in NRW vorangetrieben werden, fordert der SPDler Leuchtenberg. Bis zu 25 Prozent Energie könne dadurch im Land problemlos eingespart werden. Die Grünen fordern in ihrem Antrag von gestern eine Vervierfachung der Sanierungsquote. Derzeit wird laut Landesregierung rund ein Prozent des Altbaubestandes im Land modernisiert. Da NRW das nötige Geld nicht selbst aufbringen kann, „muss die Regierung in Berlin darum ringen“, fordert Grünenexperte Priggen. Dabei liegt NRW zumindest bei der Fördersumme im Ländervergleich vorn, mit fast einer Milliarde Euro für Sanierungen von Wohnungen und Gebäuden im Jahr 2006.
Außerdem könnten die KritikerInnen noch positiv überrascht werden. Denn als Reaktion auf die Kritik der Grünen hat die zuständige Landeswirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) vergangene Woche das Wuppertal-Institut beauftragt, ihre Energiesparoffensive zu analysieren. Bislang gibt es noch keine Ergebnisse. In der Energieagentur verspricht ein Mitarbeiter allerdings, bis Mitte Juni werde ein Maßnahmenkatalog erarbeitet – der werde dann mit konkreten Zielen verbunden sein.