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Archiv-Artikel

„Ein guter Anlass“

St. Pauli-Theater erinnert an ehemaligen Besitzer

Von kaj
Ulrich Waller

■ 54, ist seit 2003 künstlerischer Leiter des St. Pauli-Theaters. Zuvor leitete er mit Ulrich Tukur die Kammerspiele.  Foto: dpa

taz: Herr Waller, warum heißt Ihr Haus ab heute „St. Pauli Theater, ehemals Ernst Drucker Theater“?

Ulrich Waller: Wir tragen uns mit diesem Gedanken schon länger. Das Theater hieß bis 1941 „Ernst Drucker Theater“ nach seinem vormaligen Besitzer. 1941 wurde es in „St. Pauli-Theater“ umbenannt. Das hat die Besitzerfamilie aber nicht freiwillig getan, sondern auf Druck der Nazis. Wir finden, jetzt ist der 170-jährige Geburtstag ein guter Anlass, dies zu ändern.

Was störte die Nazis?

Drucker war zuerst ein einfacher Schauspieler, der das Theater 1884 erworben hatte und ihm seinen Namen gab. Als 1941 zur 100-Jahrfeier eine Festschrift erschien, bekam eine Angestellte des „Amtes für Kunstpflege in der Reichsleitung Rosenberg“ heraus, dass Drucker Jude war. Die Nazis sagten die Feier ab und gaben der Familie wenige Tage Zeit, den Namen zu ändern.

Der neue Name ist ja ziemlich lang – warum gehen Sie nicht einfach wieder zurück zu „Ernst Drucker Theater“?

Weil der Name St. Pauli-Theater eine Nähe zu dem Stadtteil und dem gleichnamigen Fußballverein zeigt, die wir gut finden. Die Leute können selbst entscheiden, ob sie den ganzen Namen nennen oder nur den kurzen.

Die Kultursenatorin enthüllt heute feierlich ein Schild. Was passiert noch?

Wir zeigen einen Film über zwei Schauspielerinnen, die 1945 hier gearbeitet haben, und werden in die Geschichte des Theaters eintauchen: Es hatte früher mehr als 1.000 Plätze und ist das älteste Schauspielhaus in Hamburg, das es noch gibt. Interview: kaj

Festakt: 14 Uhr, St. Pauli Theater