: Desaster gegen die Gläubigen
Die Dallas Mavericks blamieren sich in der ersten Runde der Playoffs in der NBA endgültig. Das beste Team der regulären Saison verliert gegen die Golden State Warriors zum vierten Mal und scheidet aus. Dirk Nowitzki schafft acht magere Pünktchen
VON DAVID-EMANUEL DIGILI
Es gibt Tage, an denen wünscht man sich, man wäre lieber gar nicht erst aufgestanden. Dirk Nowitzki wusste spätestens um 22:13 Uhr Ortszeit in Oakland, dass er einen solchen Tag erwischt hatte. Die 86:111-Niederlage gegen die Golden State Warriors besiegelte alle Träume des Deutschen, in diesem Jahr endlich die Meisterschaft nach Dallas zu holen. Es war eine Demontage des Topfavoriten. Nowitzki kam auf magere acht Punkte, sein Team traf gerade mal ein Drittel seiner Würfe. Ein unrühmliches Ende einer eigentlich herausragenden Saison der Texaner. 67-mal in 82 Spielen der regulären Saison ging Dallas als Sieger vom Platz, war das mit Abstand beste Team der Liga. Nowitzki galt – zusammen mit Phoenix-Guard Steve Nash – als Topkandidat auf die Auszeichnung des wertvollsten Spielers (MVP) der Saison, dem Ritterschlag für jeden Basketballspieler. Es schien nur eine Frage der Zeit, wann der Würzburger endlich die Meisterschaftstrophäe in den Händen halten würde.
Dann aber kamen die Golden State Warriors, die schon in der regulären Saison eine ungewöhnlich hohe Hürde für die Mannschaft von Trainer Avery Johnson darstellten und alle drei Partien gegen Dallas gewinnen konnten. Trotzdem dachte niemand ernsthaft an eine Überraschung, schafften die Warriors die Playoff-Qualifikation doch erst in letzter Sekunde – mit einer Saisonbilanz von 42 Siegen bei 40 Pleiten. Doch die Mavericks fanden kein Mittel gegen die Kalifornier, verloren zum Auftakt der Best-of-seven-Serie mit 85:97. Darauf folgte ein deutlicher 112:99-Erfolg der Texaner. Dann setzte es trotz eines gut aufgelegten Nowitzki zwei weitere Niederlagen. Und nur, weil man in der fünften Partie 118:112 gewinnen konnte, blieb Dallas noch in der Saison.
Seit dieser Nacht jedoch sind die Mavericks die Lachnummer der NBA. Zu keinem Zeitpunkt schien es, als könnten die Mavs die Serie noch drehen. Besonders nach dem dritten Viertel, das 36:15 an Golden State ging, war so gut wie sicher: Mit der Meisterschaft für Dallas wird es auch in diesem Jahr nichts. 2:4 ging die Serie letztendlich verloren, gegen ein Team, das – angeleitet ausgerechnet von Ex-Dallas-Coach Don Nelson – nach einer Durststrecke von 13 Jahren erstmals wieder in den Playoffs stand – und das auch gebührend feierte: Aufbauspieler Mickael Pietrus ließ sich in Rocker-Manier über die Köpfe der Fans tragen. Der überragende Guard Baron Davis sang das Hohelied auf den Mannschaftsgeist: „Wir haben heute NBA-Geschichte geschrieben, und das Beste daran ist: als Mannschaft!“ Alle Spieler trugen knallgelbe T-Shirts mit der Aufschrift „I believe“, die mittlerweile zum begehrten Fanobjekt geworden sind. Nur zweimal zuvor in 61 Jahren NBA gelang einem Team eine ähnliche Überraschung.
Und Dallas? Die Mavs scheinen im Schockzustand, Coach Avery Johnson rang nach Worten: „Wir waren doch da zur Halbzeit, lagen nur mit zwei Punkten hinten. Dann kamen wir raus und hatten eines der schlechtesten dritten Viertel unserer Saison – das ist einfach nur enttäuschend.“ Auf der Internetseite der Mavericks standen bis gestern Vormittag immer noch große Ankündigungen für Freikarten für das „entscheidende siebte Spiel“.
„Nichts gegen die Dallas Mavericks, aber sie haben schon seit der ersten Minute der Serie verängstigt gespielt. Sie hatten es einfach nicht verdient, weiterzukommen“, so Russ Bengston vom renommierten Slam Magazine. Marc Stein, Experte vom Sportsender ESPN, erwartet gar, dass „Mavs-Eigentümer Mark Cuban seine Äußerung überdenkt, dieses Team niemals auseinanderzureißen“. Bengston kannte schon während der Partie kein Mitleid mit den Texanern, vor allem nicht mit Topstar Nowitzki, der einen rabenschwarzen Tag erwischte. „Wenn Dirk wieder an die Freiwurflinie kommt, erwarte ich ‚Überschätzt‘-Rufe von den Warriors-Fans“, kommentierte Bengston in seinem Live-Protokoll. Und fügte an: „Wenn NBA-Chef David Stern wirklich grausam ist, überreicht er Nowitzki nach dem Spiel noch die MVP-Trophäe.“
Wahrlich ein Abend zum Vergessen für Dallas und Dirk Nowitzki. Ja, es gibt sie, diese Tage, an denen man besser gar nicht aufgestanden wäre.