: Der Antihomosexuelle
Der NRW-Familienminister Armin Laschet (FDP) will Schwule und Lesben zur Konferenz „Europäisches Jahr der Chancengleichheit für alle“ gar nicht erst eingeladen haben. Die Fakten sprechen gegen ihn
Der Europäische Gerichtshof hat den Veranstaltern des Warschauer CSD Recht gegeben und dem nationalistisch-katholischen Mainstream in Polen eine fette Rüge erteilt: 2005 wurde der CSD verboten. Der damalige Bürgermeister Lech Kaczyński (und heutige Staatspräsident) hatte das Dekret durchgesetzt – und in einem Interview zu Protokoll gegeben, das Recht der Versammlungsfreiheit gelte nicht für „Propaganda-Veranstaltungen“ Homosexueller. Der EuGH urteilte nicht zum ersten Mal, dass Menschenrechte nicht teilbar sind. Der nächste Warschauer CSD findet am 19. Mai statt. JAF
VON JAN FEDDERSEN
Der Minister hat selbst in rot-grünen Kreisen einen passablen Ruf – seiner bekennenden Mitgliedschaft in der CDU zum Trotz: Armin Laschet, 46, Minister für Generationen, Familien, Frauen und Integration, tut für seinen Chef, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, fast alles, um der CDU-/FDP-Landesregierung ein Image als liberal und weltoffen zu verpassen. Laschet, Jurist und bis zu seinem jetzigen Amt auch Chefredakteur der Aachener Kirchenzeitung, ist Gastgeber der Konferenz „Europäisches Jahr der Chancengleichheit für alle“, die am Montag in Köln beginnt. Eine mit EU-Geldern geförderte Versammlung, die die Ideen des in Brüssel ausgelobten Europäischen Jahres der Gleichberechtigung in föderale und kommunale Gefilde tragen soll.
Antihomosexuelle Union
Was aber auf den ersten Blick wie eine Pflichtkonferenz für Frauen-, Migranten-, Behinderten- und andere Minderheiteninitiativen aussieht, eine spesengesättigte Unterhaltung mit ministerieller Begleitung für die Belange graswurzeliger Minoritätsbegehren, ist in den letzten Tagen zum Politikum geworden. Denn das Panel, auf dem die Sorgen und Nöte homosexueller Männer und Frauen zu Gehör gebracht werden sollten, ist in letzter Minute vom Ministerium selbst storniert worden. Laschet beteuert zwar, es könne nicht von einer Ausladung geredet werden, weil es nie eine Einladung gege ben habe, aber die Fakten sprechen gegen diese Einlassung. Aus allen schriftlichen Unterlagen zur Konferenzvorbereitung geht hervor, dass die Agentur wie auch Mitarbeiter des Ministeriums, die für das Ministerium die Tagung organisierten, sowohl das Schwule Netzwerk, die Lesbische Arbeitsgemeinschaft des Bundeslandes wie andere Initiativen nicht nur eingeladen hatten, sondern diese auch um Ideen für die Konferenz baten.
Insofern spricht Minister Laschet die Unwahrheit – zumal das vorläufige Konferenzprogramm vom 14. März 2007 jenes Panel mit queeren Fragestellungen enthielt, anstandslos.
Insofern ist der feine Würdenträger, der auf liberal und weltoffen macht, doch nur eine Variante all der Norbert Geis’, die die Union noch beherbergt: Politiker, deren stärkste gemeinsame Identität die der Antihomosexualität ist. Laschet unterscheidet sich von all jenen, die die Homoehe für Teufelswerk halten, bürgerrechtliche Gleichstellung Homosexueller für recht besehen absurd und die Anerkennung moderner Lebensweise für antichristlich, in nichts. Der Unterschied: Während Reaktionäre wie Geis sich offen zur Entwertung Homosexueller bekennen, spielt Laschet die Unschuld aus christlichen Landen. Ein Scheinliberaler, der sich an die Parteilinie hält, liberal zu scheinen und doch zu tun, was im Denken der Fünfziger wurzelt.
Wer es anders probiert, kriegt es ohnehin mit starkem Unmut zu tun: Bundespräsident Horst Köhler lobte vor einem Jahr die Familie als solche, wollte aber ausdrücklich auch solche gleichgeschlechtlicher Art gemeint haben – was unionsweit für wütende und empörte Resonanzen sorgte. Die Wahrheit ist nämlich, ausweislich aller Politiken der Union im Bund wie in den Ländern: Es eint sie, gar nichts für die Gleichberechtigung Homosexuelle tun zu wollen. Auch Laschets Volte darf als weiteres Indiz hierfür genommen werden.
Misstrauen tut not
Was auch heißt: Grüne und alternative Fantasien, auch die Union sei die Hüterin westlicher Werte von Freiheit und Menschenwürde, sind irrig. In Wirklichkeit ist dieser Partei nicht zu trauen – selbst wenn sie im Hinblick auf die liberalen Wählerschaften, die man nicht vergraulen will, anders tut. Noch heute schäumen wütend Unionsleute über das Antidiskriminierungsgesetz, das die SPD gegen sie durchsetzte. Als ob rechtliche Instrumentarien für Minderheiten im Alltag nicht nötig sein könnten: Die Union will sie aber nicht einräumen.
Armin Laschet hat den Ausgeladenen ein Gespräch angeboten. Das ist gut katholisch – nämlich so, als ob einer strafte und dann passenden Trost anbietet.