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Archiv-Artikel

Telekom stimmt ab

Ab Montag entscheiden die Beschäftigten, ob sie gegen die Auslagerung von 50.000 Jobs streiken

KÖLN taz ■ Zweieinhalb Stunden dauerte die Beratung der Großen Tarifkommission im Kölner DGB-Haus, dann stand fest: Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di ruft zur Urabstimmung bei der Telekom. „Die Zeichen stehen auf Sturm“, sagte Ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder. Ab Montag haben die Telekom-Mitarbeiter drei Tage Zeit, ihr Votum abzugeben. Stimmen sie für die Arbeitsniederlegung, kommt es zum ersten Streik seit der Privatisierung des früheren Staatsmonopolisten.

Unter dem Dachnamen T-Service will der Telekom-Vorstand rund 50.000 Beschäftigte der Festnetzsparte T-Com in drei rechtlich eigenständige Gesellschaften auslagern. Sie sollen dort 38 statt 34 Stunden arbeiten und dafür 9 Prozent weniger Lohn und Gehalt bekommen. Für die kommenden drei Jahre stellt sich das Management Nullrunden vor. Auch Bildschirm-Erholzeiten sollen gestrichen sowie das Ein- und Ausloggen am Computer oder die erste An- und letzte Abfahrt zum Kunden als Freizeit gewertet werden.

Insgesamt summieren sich die Einbußen nach den Berechnungen von Ver.di auf 44,46 Prozent. Die Gewerkschaft bezeichnet das als „Lohnraub“ und fordert gesonderte Verhandlungen über einen „Tarifvertrag Auslagerungsschutz“.

Die Beschäftigten seien sehr wütend über den harten Kurs von Telekom-Chef René Obermann, sagte Ver.di-Verhandlungskommissionsmitglied Ado Wilhelm der taz. Er rechne fest damit, dass das notwendige 75-Prozent-Quorum für den Streik klar überschritten werde.

Besonders empört seien die Mitarbeiter über die Stimmungsmache von Obermann. Dieser mache die Belegschaft für gravierende Managementfehler und den schlechten Zustand des Konzerns verantwortlich. Außerdem verschweige er, dass die jetzige 34-Stunden-Woche keineswegs von den Mitarbeitern erkämpft, sondern ihnen im Rahmen eines sogenannten Beschäftigungspaktes abgetrotzt worden sei: Mit der Stundenzahl war auch ihr Lohn um 6,5 Prozent reduziert worden.

Wilhelm warnte Obermann, „weiter Öl ins Feuer zu gießen“. Obermann hatte auf der Hauptversammlung am Mittwoch gedroht, nach dem Scheitern der Verhandlungen müsse der Vorstand nun „eine Migration der Servicebereiche in andere Konzernteile wie T-Mobile“ prüfen. Denn dort gebe es bereits „mit Ver.di abgeschlossene Tarifverträge, die teilweise sogar unter den von uns angebotenen T-Service-Konditionen liegen“. Darüber hinaus müsse jetzt auch über einen möglichen Verkauf von Teilen an Drittanbieter nachgedacht werden. PASCAL BEUCKER