: Metaller als Vorbild: Mehr Lohn für alle?
SPD fordert Gehaltssteigerung auch in anderen Branchen. Ver.di verlangt 5,5 Prozent Zuschlag im Einzelhandel
BERLIN afp/ap ■ Der Tarifabschluss in der Metallindustrie hat bei Politikern und Gewerkschaftern überwiegend positive Reaktionen ausgelöst. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) begrüßte, dass nun auch die Arbeitnehmer vom Aufschwung profitierten: „Mein Thema war immer, dass die Menschen mehr in der Tasche haben sollen.“ Die SPD und die Gewerkschaften forderten ähnlich kräftige Lohnsteigerungen auch für andere Branchen. „Wenn die Wirtschaft brummt, und das tut sie, müssen die Arbeitnehmer das auch durch einen gerechten Anteil in ihrer Lohntüte spüren“, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil der Bild am Sonntag. „Das gilt für jede Branche, die SPD will Aufschwung für alle!“
IG Metall und Arbeitgeber in Baden-Württemberg hatten sich am Freitag auf einen Pilotabschluss geeinigt: Ab Juni erhalten die Beschäftigten 4,1 Prozent mehr Geld, ab Juni 2008 kommen weitere 1,7 Prozent hinzu. Zudem werden mehrere Einmalzahlungen ausgeschüttet. Es gilt als sicher, dass der Abschluss bundesweit übernommen wird.
Die Gewerkschaft Ver.di verlangte bereits bis zu 5,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt sowie einen Mindestlohn von 1.500 Euro im Einzelhandel. „Die Beschäftigten haben in den letzten Jahren die Zeche für den ruinösen Preiskampf ihrer Arbeitgeber und für die schwache Binnenkonjunktur gezahlt. Damit muss jetzt endlich Schluss sein“, sagte Ver.di-Vize Margret Mönig-Raane der Frankfurter Rundschau.
Gespaltene Reaktionen gab es jedoch von Wirtschaftswissenschaftlern. Der Metall-Abschluss bedeute für die Unternehmen etwa 4 Milliarden Euro höhere Lohnkosten pro Jahr, sagte der Präsident des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitutes, Thomas Straubhaar, der Hannoverschen Neuen Presse und fügte hinzu: „Es werden weniger Jobs entstehen, als bei einem niedrigeren Abschluss möglich gewesen wären.“ Außerdem könnte der Abschluss auch mehr Inflation bewirken, weil die Lohnkosten auf die Preise umgelegt würden, so Straubhaar. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer rechnet damit, dass als Konsequenz noch mehr Zulieferer nach Osteuropa abwandern.
Der Chef des Sachverständigenrats der Bundesregierung, Bert Rürup, nannte die Einigung dagegen verkraftbar. Der Abschluss gefährde den Aufschwung nicht. Der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel meinte, der Kompromiss müsse ein Signal für alle Branchen sein: „Er stärkt die Kaufkraft und die Motivation der Arbeitnehmer.“