: Neues Urteil zu Rieger-Immobilien
Gericht kippt Beschluss zur Abwicklung zweier Häuser des NPD-Anwalts Jürgen Rieger
BERLIN taz ■ Der Rechtsstreit um zwei herrenlos gewordene Immobilien des Neonazi-Anwaltes und Hamburger NPD-Chefs Jürgen Rieger in Thüringen und Niedersachsen geht in eine neue Runde: Nach einer Beschwerde des NPD-Mannes hob das Landgericht Gera den Beschluss zu seinen Lasten auf und verwies den Fall an das Amtsgericht Jena zurück. Das Amtsgericht müsse das Verfahren wegen formaler Fehler noch einmal aufrollen, sagte der Landgerichtssprecher Philipp Redeker gestern der taz. Das Urteil bedeute aber keinen Sieg für Rieger. „Die Entscheidung lautet einfach: Noch mal zurück auf null.“
Der thüringischen Kleinstadt Pößneck war im März ein Überraschungscoup gegen den Rechtsextremen gelungen: Auf Antrag des Rathauses bestellte das Amtsgericht einen Pößnecker Rechtsanwalt und CDU-Stadtrat als Liquidator für zwei Rieger-Immobilien. Der Anwalt kündigte daraufhin an, das „Schützenhaus“ in Pößneck und den „Heisenhof“ im niedersächsischen Dörverden zu verkaufen.
Rieger hatte diese Gebäude über eine Londoner Briefkastenfirma namens „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd.“ ersteigert. Weil der NPD-Politiker keinen Geschäftsbericht vorlegte, löschten die britischen Behörden die Firma. Die Gebäude waren also herrenlos – und Pößneck hoffte, den Neonazi-Stützpunkt im Stadtzentrum deshalb loswerden zu können.
Daraus dürfte nun so schnell nichts mehr werden. Denn der Pößnecker Anwalt Borchardt ist vorerst nicht mehr als Liquidator für die Immobilien zuständig. Das Amtsgericht habe es versäumt, die Ernennung des CDU-Lokalpolitikers zum Verwalter der Immobilien zu begründen, erläuterte Landgerichtssprecher Redeker: „Das fand unsere Kammer nicht okay.“ Zudem hätte das Amtsgericht im Zuge der Abwicklung der herrenlosen Immobilien eine Restgesellschaft im Handelsregister eintragen müssen, erläuterte Redeker. Dies müsse im neuen Anlauf nachgeholt werden.
Auf eine entscheidende Frage wusste gestern weder das Landgericht noch der Pößnecker Rathauschef eine Antwort: Wer ist nun eigentlich zuständig für die Gebäude des NPD-Politikers in Pößneck und Dörverden? „Herr Rieger hat aber auch weiterhin keinen Anspruch auf die Schlüssel“, sagte der Landgerichtssprecher. Wer stattdessen für die zwei herrenlosen Neonazi-Immobilien verantwortlich sei, könne er nicht beantworten.
Pößnecks Bürgermeister Michael Modde reagierte enttäuscht auf die Entscheidung des Landgerichts. Er wolle das Urteil nun erst mal von Juristen prüfen lassen, sagte er. Der Rechtsstreit zwischen der Kleinstadt und dem NPD-Politiker gilt als schwieriger juristischer Präzedenzfall. Wie er ausgeht, ist nach Ansicht von Fachleuten deshalb nicht abzusehen. ASTRID GEISLER