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Archiv-Artikel

„Das war kein Ruhmesblatt“

Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck kritisiert die Debatte über die Klar-Begnadigung – und nimmt trotz der ablehnenden Entscheidung den Bundespräsidenten in Schutz

Von RAB

taz: Herr Beck, Sie hatten am Wochenende vor einer Nötigung des Bundespräsidenten gewarnt. Hat sich der Präsident jetzt nötigen lassen?

Volker Beck: Der Präsident ist über solche Verdächtigungen erhaben. Dass es jetzt solche ungeheuren Verdächtigungen gibt, ist den Flegeleien des CSU-Generalsekretärs zu verdanken.

Hat die wochenlange Debatte den Bundespräsidenten im Sinne einer Ablehnung des Gnadengesuchs beeinflusst?

Natürlich nimmt man die Debatte wahr, wenn man eine solche Entscheidung zu treffen hat. Aber ich gehe davon aus, dass man sich dann auch davon freimacht. Der Bundespräsident hat sich ja am Freitag mit Herrn Klar getroffen, obwohl er schon für diesen Schritt kritisiert wurde.

Finden Sie die Entscheidung des Bundespräsidenten in der Sache falsch?

Ich persönlich hätte mir auch ein anderes Ergebnis vorstellen können, aber ich habe diese Frage nicht zu entscheiden. Deshalb respektiere ich die Entscheidung – wie ich es umgekehrt erwartet hätte, dass andere eine Begnadigung respektiert hätten.

Manche meinen, in der Debatte gehe es um Auseinandersetzung der Bundesrepublik mit ihrer eigenen Geschichte. Hat uns die Diskussion in dieser Hinsicht weitergebracht?

Wie wir diese Diskussion geführt haben, das war kein Ruhmesblatt für die demokratische Kultur in unserem Land. Ich hoffe, dass wir in der Auseinandersetzung mit diesem fürchterlichen Kapitel in unserer Geschichte wieder zu einer sachlicheren Betrachtungsweise zurückkommen.

Ist denn die Debatte mit der Entscheidung des Bundespräsidenten beendet?

Die Auseinandersetzung mit dem RAF-Terrorismus ist damit schon deshalb nicht beendet, weil man sie an der Frage einer Begnadigung gar nicht sinnvoll festmachen kann. Bei einer Gnadenentscheidung sollte es nur um den konkreten Straftäter gehen, sie sollte nicht mit historischen Bedeutungsdebatten überfrachtet werden. Wir haben immer gesagt, wir behandeln Terroristen wie alle anderen Straftäter auch. Jetzt wurde die Gnadenentscheidung gerade von denjenigen politisiert, die eine politische Diskussion über diese Fragen sonst immer abgelehnt haben. INTERVIEW: RAB