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Archiv-Artikel

Bewaffnete ziehen nach Sanaa

JEMEN In der Hauptstadt und in Tais im Süden des Landes kommt es zu heftigen Gefechten zwischen Regierungstruppen und Oppositionellen

Immer mehr Bewohner fliehen vor den Kämpfen und Versorgungsengpässen

SANAA afp | Die Konfrontation zwischen Stammeskämpfern und der Regierung im Jemen weitet sich aus. Tausende bewaffnete Mitglieder des einflussreichen Haschid-Stamms sind am Donnerstag nach Stammesangaben in die Hauptstadt Sanaa aufgebrochen, um ihren Anführer bei seinem Kampf gegen die Regierungstruppen zu unterstützen.

Die Bewaffneten zogen von den Hochebenen Richtung Sanaa, um Scheich Sadek al-Ahmar und seine Kämpfer zu unterstützen, wie Stammesvertreter berichteten. Auf dem Weg in die Hauptstadt sei es an einer Militärabsperrung zu Kämpfen mit Regierungstruppen gekommen. Nach Angaben von Augenzeugen überflogen Kampfjets in geringer Höhe die Stammesangehörigen, offenbar, um sie einzuschüchtern. Außerdem durchbrach ein Militärflugzeug über Ahmars Heimatdorf 80 Kilometer nördlich von Sanaa die Schallmauer. Für die Kämpfe setzte Präsident Präsident Ali Abdullah Saleh laut Zeugen Spezialkräfte ein.

In der Nacht zum Donnerstag lieferten sich die Kämpfer von Scheich Ahmar und die Regierungstruppen die dritte Nacht in Folge heftige Gefechte im Stadtteil al-Hassaba in Sanaa, wo Ahmar seine Residenz hat. Dabei wurden nach Angaben von Ärzten mindestens 16 Menschen getötet, darunter ein siebenjähriges Mädchen. Am Mittwoch waren nach neuen Angaben 47 Menschen ums Leben gekommen. Anwohner berichteten, Krankenwagen hätten die ganze Nacht hindurch Verletzte abtransportiert. Einem Arzt zufolge kamen wegen der Kämpfe aber nicht alle Rettungswagen zu den Verletzten durch.

Das umkämpfte Viertel liegt rund zehn Kilometer vom Flughafen entfernt. Dieser stellte seinen Betrieb vorläufig ein, einige Flüge wurden ins südliche Aden umgeleitet. Unterdessen flohen immer mehr Bewohner aus Sanaa vor den Kämpfen. Neben der Gewalt litten sie unter fehlendem Trinkwasser, der Rationierung von Strom und einem zunehmenden Mangel an Benzin. „Wenn die Kämpfe weitergehen, ist das das Ende des Jemen“, sagte der etwa 70-jährige Mohsen Sinan, der mit rund 30 Familienmitgliedern die Stadt verlassen wollte.

Die jemenitischen Behörden werfen dem Haschid-Stamm vor, einen am 27. Mai vereinbarten Waffenstillstand gebrochen zu haben. Vor dem Waffenstillstand hatte es eine Woche lang Kämpfe zwischen Stammesvertretern und Regierungstruppen gegeben, nachdem Saleh sich geweigert hatte, ein von den Golfstaaten vorgeschlagenes Abkommen mit der Opposition zu unterzeichnen. Mit dem Abkommen sollte er seinen Machtverzicht besiegeln.

In der Stadt Tais, einer 270 Kilometer südlich von Sanaa gelegenen Hochburg der Proteste, lieferten sich Regierungskräfte erstmals Gefechte mit bewaffneten Regierungsgegnern, wie Anwohner berichteten. Demnach konzentrierten sich die Kämpfe um den Präsidentenpalast in der Stadt und ein Lager der Saleh treu ergebenen Republikanischen Garde. Sicherheitskräfte hatten in der Nacht zu Montag mit Panzern und Schüssen gewaltsam eine Sitzblockade in Tais aufgelöst und dabei nach UN-Angaben mehr als 50 Demonstranten getötet.