: „Sparen für echte neue Medikamente“
Ärzte-Vertreter Leonhard Hansen hält Generika für eine sinnvolle Alternative zu teuren Original-Präparaten
Leonhard Hansen (56) ist Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, in der rund 17.500 Ärzte organisiert sind
taz: Herr Hansen, die AOK hat beschlossen ihren Mitgliedern billigere Ersatzprodukte zu geben – sind AOK-Versicherte Patienten zweiter Klasse?
Leonhard Hansen: Nein, überhaupt nicht. Generika haben den absolut identischen Wirkstoff wie das Original. Da gibt es keine Qualitätsunterschiede.
Sollte nicht der Arzt entscheiden, welches das beste Medikament ist?
Das sollte er unbedingt. Nach seiner Diagnose bestimmt er den Wirkstoff. Aber es ist irrelevant, von welcher Firma dieser kommt. In vielen Fällen wird er nur anders verpackt. Das Schmerz- und Rheumamittel Voltaren mit dem Wirkstoff Diclofenac zum Beispiel wird von 54 verschiedenen Firmen vertrieben, aber nur an wenigen Standorten produziert.
Aber die Mittel sehen anders aus.
Der Trägerstoff kann schon mal eine andere Fabe haben oder die Packungen sehen anders aus. Das kann Patienten verunsichern – aber auch wenn das Medikament eine andere Farbe oder Form hat, hat es den gleichen Wirkstoff. Und auf den kommt es an.
Woher kommen die Generika denn?
Die Hersteller sind global player. Ihre Produktionsstätten sind weltweit verteilt – in Amerika, England, Frankreich, Deutschland oder Indien. Aber die Qualitätsstandards sind überall gesichert. Wenn ein Patent für ein Original-Medikament abgelaufen ist, können Generika hergestellt werden. Das Wort Nachahmerprodukt ist im Übrigen irreführend. Generika deutet vielmehr schon vom Wort daraufhin, dass es sich um den Ursprungsstoff handelt.
Die AOK will mit ihren Verträgen Geld sparen – werden andere Krankenkassen dem Beispiel folgen?
Inzwischen haben alle großen Krankenkassen solche Rabattverträge abgeschlossen. Die AOK war nur die erste.
Die Krankenkassen suchen nach Sparmöglichkeiten, seit einiger Zeit drängen auch Discounter-Apotheken nach NRW – gibt es einen Billigboom im Gesundheitswesen?
Nein. Der Druck, dort zu sparen, wo es sinnvoll möglich ist, ohne dass die Qualität der Versorgung leidet, hat sich erhöht. Damit wir uns echte neue Medikamente leisten können, ist es sinnvoll, Sparmöglichkeiten zu nutzen. Generika kosten zum Teil nur 20 Prozent des Originals.
INTERVIEW: K. HEIMEIER