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Archiv-Artikel

Rainer Schäfer Radikale Weine

Franz Haas ist ein extremer Mensch. Er hat sich auf Skiern gefährliche Abhänge hinabgestürzt, als ob er nicht viel auf sein Leben gäbe. Eine Zeit lang hat der Südtiroler fünf Schachteln Zigaretten am Tag geraucht, rastlos, getrieben, immer unter Dampf.

Auch als Winzer geht Haas bis zum Äußersten. Nachts schläft er selten länger als bis drei Uhr, dann wälzt er sich im Laken und quält sich damit, was er an seinen Weinen noch verbessern könnte. Er lässt die Photosynthese-Leistung im Weinberg messen, außerdem das Kraftfeld der einzelnen Reben, mit Methoden der Quantenphysik. Ein teures Experiment. „Ich bin kein guter Kaufmann“, sagt Haas.

Er hat mit Traditionen gebrochen im konservativen Südtirol, wo sonst vieles so gemacht wird, wie es schon die Väter praktiziert haben. In Aldein hat er einen Weinberg auf 850 Meter Höhe angelegt, weil die Weine in der Ebene zunehmend plump und muskulös geraten, als Folge der Klimaveränderung. Jahrelang wurde es ihm untersagt, Wein aus der Höhenlage abzufüllen. Haas hat gestritten, bis es ihm erlaubt wurde.

Inzwischen fordert er, dass der Weinbau in Südtirol sich in die Höhe verlagert. Vielen Winzern und Politikern ist das zu radikal. Haas hat sich daran gewöhnt, als Spinner beschimpft zu werden, sogar Morddrohungen hat er schon erhalten.

Seinen Weißwein Manna komponiert er aus Riesling, Chardonnay, Gewürztraminer und Sauvignon Blanc. Manna ist eine komplexe Cuvée, konzentriert, voluminös, gleichzeitig elegant und geschmeidig, die bestens zur japanischen Küche passt. Im Glas überrascht sie mit ständig wechselnden Facetten. Manna ist ein schillernder Charakter, ganz wie der Erzeuger.

Manna 2012, Franz Haas, 21,50 Euro, Bezug über www.bremer-weinkolleg.de