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Archiv-Artikel

Ein Meer an Schiffen

In drei Jahren wird der Verkehr auf der Ostsee sich verdoppeln, sagt ein neues Gutachten voraus – mit fatalen Folgen für Gesundheit und Ökologie

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die rasche Senkung der Schiffsemissionen und eine bessere Abstimmung der Hafenausbaupläne an der Ostsee hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gestern gefordert. Auf einer internationalen Tagung von Umweltverbänden aus den Ostsee-Anrainerstaaten in Rostock veröffentlichte er eine Expertise über die Entwicklung des Seeverkehrs im baltischen Raum.

Danach werden für das ohnehin bereits stark befahrene Binnenmeer die europaweit höchsten Zuwächse im Güterschiffs- und Fährverkehr vorhergesagt. Bis 2010 werde sich der Frachtschiffsverkehr auf der Ostsee mehr als verdoppeln, erklärte die Gutachterin Beate Lange.

Dadurch erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit von Unfällen und somit die Gefahr für die Meeresumwelt. „Natur- und gesundheitsschädliche Emissionen werden ein schwer zu beherrschendes Problem bleiben“, sagte die Diplomingenieurin für Landesplanung. Schon jetzt sei die Schifffahrt die „Hauptquelle der Feinstaubemissionen“ an den Küsten und in den Hafenstädten.

Der BUND fordert deshalb, den in Schiffstreibstoffen erlaubten Schwefelgehalt von 1,5 Prozent auf 0,5 Prozent zu begrenzen. Der Ausstoß von Stickoxiden müsse bis 2010 um die Hälfte und bis 2015 um 90 Prozent sinken. Zudem sei „ein Tempolimit für Schiffe“ wünschenswert, findet Irene Timmermann-Trosiener, stellvertretende Vorsitzende des BUND in Schleswig-Holstein.

In ihrem 90-seitigen Gutachten weist Lange einen eindeutigen Trend zu immer größeren Schiffen nach. Polen baue die Terminals in Gdansk und Gdynia zurzeit für künftige Riesenschiffe mit bis zu 12.000 Containern aus, um sich von Zulieferungen aus Hamburg mit kleinen Feederschiffen unabhängig zu machen. Wegen der Tiefgangsbeschränkungen im Großen Belt und im Öresund seien „solche großen Schiffe in der Ostsee eigentlich nicht vorstellbar“, so Lange.

Die Folge von immer größeren Häfen sei, dass oftmals ökologisch wertvolle Ufer und Niederungsbereiche von Flüssen zugebaut würden, kritisiert Lange. Dabei seien viele Infrastrukturmaßnahmen überflüssig: „Jeder Standort will ein Universalhafen sein. Eine Spezialisierung der nahe beieinanderliegenden Häfen würde diese häufig destruktive Konkurrenz umgehen.“

Für die Ostsee sei deshalb dringend ein nationales und auch ein EU-weites Hafenkonzept erforderlich, fordert BUND-Verkehrsexperte Werner Reh. „Überflüssige Eingriffe in Landschaft und Natur müssen dabei vermieden werden.“

Allein an der deutschen Ostseeküste konkurrieren zehn Häfen um Frachten aller Art. Die mit Abstand größten sind Lübeck und Rostock mit Marktanteilen von jeweils gut einem Drittel.