: Reisemesse mit Klimaschwankungen
Der Klimawandel beschäftigt die Aussteller auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin. Eine freiwillige CO2-Abgabe für Flugpassagiere findet ihren Beifall. An der Subventionierung von Flugbenzin dürfe die Bundesregierung aber nicht rütteln
von EDITH KRESTA
Alle reden vom Klimawandel. Auch auf der 41. Internationalen Tourismus-Börse (ITB) ist er ein zentrales Thema. „Die Reiseströme werden sich nachhaltig verändern“, prognostiziert ITB-Direktor Martin Buck. Welche Auswirkungen die Erderwärmung konkret auf den Tourismus haben wird, wollen Klimaforscher und Tourismusexperten heute auf dem „ITB Future Day“ diskutieren. Bis zum 11. März präsentieren sich knapp 11.000 Aussteller aus 184 Ländern in den Berliner Messehallen am Funkturm.
Klimaschutz bedeutet eine große Herausforderung für die Reiseindustrie, die einerseits auf immer weiter, exotischer und billiger setzt, andererseits immer wieder marktschreierisch ihr ureigenes Interesse an der Umwelt verkündet – Ökomarketing ist im Tourismus schon lange ein Verkaufsargument. Veranstalter flirten mit dem Klimaschutz, indem sie beispielsweise Bäumchen pflanzen und auf abgasarme Autos setzen.
Doch bei der aktuellen Diskussion ums Fliegen geht es ans Eingemachte: Während der weltweite Flugverkehr zurzeit mit etwa 10 Prozent für den Klimawandel verantwortlich ist, werden es 2017 bereits 20 Prozent sein. Trotz seines tüchtig in Szene gesetzten Umweltbeauftragten will beispielsweise der Branchenriese TUI sein Flugangebot ausbauen und sein Passagieraufkommen allein am Köln-Bonner Flughafen bis 2010 auf 3,5 Millionen verdoppeln.
Der Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings, Helmut Röscheisen, nutzte die ITB als Anlass und forderte: „Bundeskanzlerin Angela Merkel muss jetzt zum Schutz des Klimas handeln und sich dafür einsetzen, dass die skandalöse Mineralölsteuerbefreiung für den innerdeutschen Flugverkehr sowie die Umsatzsteuerbefreiung auf internationale Flugtickets aufgehoben und eine europaweite Kerosinsteuer durchgesetzt wird.“
Die Passagiere scheinen bereit zu sein, für Klimaschutz extra zu zahlen: Als erstes Online-Reiseportal befragte travelchannel.de seine User im vergangenen Monat, ob sie für den Ferienflug eine freiwillige Abgabe in Kauf nehmen würden, die dann in Umweltschutzprojekte flösse. 73,2 Prozent sagten ja.
Dietrich Brockhagen von Atmosfair kündigte an, die Non-profit-Organisation werde künftig mit einem großen Veranstalter zusammenarbeiten. Über Atmosfair können Passagiere zum Ausgleich für die Klimagase, die aufgrund ihres Flugs entstehen, Projekte unterstützen, mit denen entsprechend viel Treibhausgase an anderer Stelle eingespart werden.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ging einen Schritt weiter und regte an, die Subventionierung von Flugbenzin aufzugeben. Allerdings müsse das europaweit geschehen.
Der Vorschlag berührt eine wunde Stelle der Touristiker. Schließlich zieht der günstige Preis als Verkaufsargument immer noch besser als die Ökologie. Sie bezeichnen den strukturellen Ansatz des Ministers als Angriff auf die Reisefreiheit. „Es ist mit Sicherheit nicht die Aufgabe der Volksvertreter, den Deutschen das Reisen zu verbieten“, sagte Reisebüro-Verbandspräsident Klaus Laepple. Die aktuelle Diskussion verzerre die Wirklichkeit. Das eigene Land sei unverändert Hauptreiseziel der Deutschen. Für den internationalen Luftverkehr müsse es ein weltweites Konzept geben, damit auch die aufstrebenden asiatischen Senderländer den gerechten Preis fürs Fliegen zahlen. Denn sie werden schon bald dem Reiseweltmeister Deutschland den Rang streitig machen.
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Die Messehallen am Funkturm sind von Mi. bis Fr. für das Fachpublikum geöffnet. Privatbesucher haben am Samstag und Sonntag ab 10.00 Uhr Zutritt