: Streit vor Klimagipfel
Verbindliche Vorgaben vor EU-Treffen umstritten. BDI fordert weniger, Umweltverbände mehr Verpflichtungen
BERLIN ap/taz ■ Die Europäische Union soll nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel Zugpferd im internationalen Klimaschutz werden. Vor dem EU-Gipfel, der heute und morgen in Brüssel stattfindet, plädierte die amtierende Ratspräsidentin Merkel für möglichst konkrete Festlegungen der Staats- und Regierungschefs. „Die Augen der Welt richten sich auf diesen Euroäischen Rat – von Washington über Moskau bis nach Peking“, sagte Merkel der Financial Times.
Einigkeit besteht unter den EU-Staaten, die Kohlendioxid-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Umstritten ist hingegen eine feste Quote von 20 Prozent für erneuerbare Energie bis 2020. Zahlreiche Staaten lehnen dies Ziel als zu ehrgeizig ab. Bislang werden in der EU nur 6 Prozent der primären Energieversorgung mit Erneuerbaren erzeugt. Über der 20-Prozent-Marke liegen bislang nur Lettland, Schweden, Finnland und Österreich; Deutschland erreicht 4 Prozent. Zudem zettelte Frankreich wenige Tage vor dem Gipfel eine Debatte über die Atomkraft an: Paris werde einen Mindestanteil für die erneuerbaren Energien nur im Rahmen von Vorgaben für alle emissionsarmen Energiequellen akzeptieren, erklärte Europaministerin Catherine Colonna in Brüssel. Dazu gehöre auch die Atomkraft. Aus slowakischen Diplomatenkreisen kam gestern Unterstützung für Frankreichs Vorschlag.
Auch in Deutschland gibt es Widerstand: Der Bundesverband der Deutschen Industrie warnte gestern vor verbindlichen Zielen, die der Wirtschaft zu viel aufbürdeten. Damit stehen die Industrie-Lobbyisten aber allein auf weiter Flur: In einer Emnid-Umfrage für den Sender N24 sprachen sich 78 Prozent der Befragten für eine deutsche Vorreiterrolle beim Umweltschutz aus. Auch 13 deutsche Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, darunter Greenpeace und Brot für die Welt, haben gestern erneut für verbindliche Ziele plädiert. Statt um 20 Prozent müssten die CO2-Emissionen um 30 Prozent gesenkt werden, schrieben sie in einen offenen Brief an Angela Merkel. MKR