Die Nationalisten können weiter kungeln

BOSNIEN UND HERZEGOWINA Die Wahlen haben die krude Arithmetik der Macht und der Verhältnisse bestärkt. Das ist bitter für die Zukunft des Landes. An Korruption und Klientelpolitik wird sich wenig ändern

AUS MOSTAR ERICH RATHFELDER

„Wir müssen mit dem Ergebnis der Wahlen leben und einfach weitermachen“, sagt Alexandra Savic, die resolute Besitzerin des Restaurants Alexa Santic in Mostar. Die aus Mostar stammende und nach dem Krieg in die Stadt zurückgekehrte Serbin organisiert neben ihrer Arbeit Kulturprojekte und versucht, das zivile Leben in der zwischen Muslimen und Kroaten streng geteilten Stadt zu stärken.

Doch betrachtet man das Wahlergebnis, dann scheint das fast wie eine vergebliche Liebesmüh. Denn sowohl auf der kroatischen als auch auf der muslimischen Seite der Stadt haben die Nationalparteien nicht zuletzt wegen der niedrigen Wahlbeteiligung von 54 Prozent gewonnen. Die HDZ, die Kroatische Demokratische Gemeinschaft im Westen, die Partei der Demokratischen Aktion, die SDA im Osten. Der durch Korruptionsskandale bekannt gewordene Vorsitzende der HDZ, Dragan Covic, ist damit der kroatische Vertreter im höchsten Staatsamt, dem dreiköpfigen Präsidentschaftsrat. Er erhielt gut 52 Prozent der kroatischen Stimmen. Und auf der muslimischen Seite hat Bakir Izetbegovic, der Sohn des religiös ausgerichteten Kriegspräsidenten Alija Izetbegovic, mit immerhin 33 Prozent in der bosniakischen Volksgruppe die Nase vorn. Er musste sich gegen 10 Gegenkandidaten behaupten. Seine religiös nationalistische Partei SDA ist auch im Parlament des Gesamtstaates Bosnien uud Herzegowina und in dem Parlament des bosniakisch-kroatischen Teilstaates Föderation Bosnien und Herzegowina die stärkste Partei geworden.

Diese Parteien, die HDZ, die SDA und die Serbischen Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD) des Ministerpräsidenten des serbischen Teilstaates, Milorad Dodik, werden wieder die Ressourcen des Staates unter ihren Anhängern aufteilen, sie werden weiterhin ihre Macht nutzen, um die Menschen in der Provinz und den Dörfern mit ihrer nationalistischen Rhetorik an sich zu binden. „Du kannst nur einen Job bekommen, wenn du dich mit einer dieser Parteien gut stellst“, beklagt Srdjan Dizdarevic, Menschenrechtler aus Sarajevo, die weiterhin desolate Lage im Lande.

Nur eine einzige Partei ist an diesem Punkt gescheitert. Zlatko Lagumdzija, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei (SDP) wollte die Nationalparteien mit einer eigenen Klientelpolitik kopieren. Doch die Mitglieder seiner Partei revoltierten, die SDP spaltete sich auf, viele liefen zur Neugründung, der Demokratischen Front des bisherigen Präsidiummitglieds Zeljko Komsic über. Und diese Demokratische Front wurde nun zur zweiten Kraft im Föderationsparlament und ist auch im Gesamtparlament noch stark vertreten, während die SDP auf drei Sitze abgesackt ist.

Spannend wird die Lage im serbischen Teilstaat. Milorad Dodik ist zwar mit 48 Prozent der Stimmen zum Präsidenten wiedergewählt worden, doch 46 Prozent der Wähler stimmten für seinen Gegenkandidaten. Und der Oppositionsfront gelang es, ihren Kandidaten, den Liberalen Mladen Ivanic, mit ganz knappem Vorsprung zum serbischen Kandidaten ins Staatspräsidium zu hieven. Im Parlament der serbischen Teilrepublik hat die SDSD keine absolute Mehrheit. Ob es für eine weitere Regierungszeit reicht, ist ungewiss.

Einen kleinen Lichtblick gibt es dann doch. In Sarajevo hat die links-grüne Nasa Stranka (Unsere Partei) drei bis vier Sitze im Kantonsparlament errungen und einen in der Föderation. „Ein positiver Anfang“, freut sich Spitzenkandidat Pedja Kolovic.