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Archiv-Artikel

„Wettbewerb um Qualifizierte wird härter“

Der Kölner Wirtschaftsforscher Holger Schäfer fordert ein modernes Zuwanderungsrecht für Arbeitsmigranten

HOLGER SCHÄFER, 38, ist Wirtschaftswissenschaftler und Referent für Arbeitsökonomie vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

taz: Herr Schäfer, die NRW-Landesregierung hat eine Bundesrats-Initiative gestartet, damit mehr ausländische Arbeitnehmer nach Deutschland kommen. Haben wir einen Fachkräftemangel?Holger Schäfer: Ja, und ausländische Arbeitnehmer haben es zu schwer, nach Deutschland zu kommen. Zwar ist die Lage in NRW nicht so dramatisch wie in anderen Bundesländern, aber auch an Rhein und Ruhr werden Fachkräfte gesucht. Zum Beispiel haben wir zu wenig Ingenieure, da sich ausländische Spezialisten häufig gegen die Bundesrepublik entscheiden.

Warum?

Wir haben einen Abfluss von Fachkräften, da unser Zuwanderungsrecht zu bürokratisch ist und Einwanderung in den Arbeitsmarkt eher verhindert. Da sind wir schlecht aufgestellt. Qualifizierte Leute aus den Entwicklungsländern suchen sich Zuwanderungsländer mit attraktiven Bedingungen – da kann Deutschland mit seinen bürokratischen Regeln oft nicht mithalten. Dabei haben wir einen Mangel an Qualifikationen, der dringend behoben werden muss. Besonders bei vielen technischen Berufen ist das Verhältnis von offenen Stellen zu Jobsuchenden nicht mehr gesund.

Die Gewerkschaften sind gegen mehr Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Können deutsche Inländer nicht qualifiziert werden für die begehrten Tätigkeiten?

Kurzfristig nicht. Und es ist auch volkswirtschaftlich unklug, auf den Fachkräftemangel nicht sofort zu reagieren. Wir verlieren an Wertschöpfung und Wohlstand, wenn Tätigkeiten und Dienstleistungen wegen nicht vorhandener Experten nicht ausgeführt werden können. Natürlich treten ausländische Arbeitnehmer in Konkurrenz mit deutschen Erwerbstätigen.

Was müssten das Land NRW über den Bundesrat und der Gesetzgeber insgesamt tun?

Wir brauchen endlich ein modernes Zuwanderungsrecht. Beispielsweise brauchen wir den Abbau von bürokratischen Hürden. Wenn deutsche Ämter erst lange prüfen müssen, ob nicht ein deutscher Arbeitsloser in Frage kommt, dann hat sich eine ausländische Fachkraft vielleicht schon längst woanders beworben.

Wagen Sie eine Prognose: Wird sich der Fachkräftemangel verschärfen?

Wir rechnen damit, dass sich die Konjunktur auch im nächsten Jahr gut entwickeln wird. Daher wird auch der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte härter werden.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER