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Archiv-Artikel

Beten in Bremen zu teuer

RECHNUNGSHOFBERICHT Im Rapport der Finanzkontrolleure sind Spätfolgen der SPD-CDU-Koalition griffigste Beispiele – etwa der satte Kirchentagszuschuss

Von BES
Wirtschaftliches Denken ist noch nicht in allen Köpfen verankert – vor allem fehlt’s im Wirtschaftsressort

Eine Straßenreinigungsabgabe, die Entrümpelung des Zulagewesens und konsequentere Wirtschaftlichkeitsprüfungen – das sind Anregungen des Landesrechnungshofs für Bremens Verwaltung und Gesetzgeber. „Keine Empfehlungen“, betonte die neue Präsidentin Bettina Sokol. Die hat gestern zum ersten Mal die Jahresberichte für Stadt und Land vorgestellt. Der Grad der Aufregung war vor der Veröffentlichung indes weitaus größer, als es der Bericht inhaltlich hergibt. Zorn hatte der Veröffentlichungstermin erregt.

Dass Sokol den Bericht, obwohl seit Februar fertig, nicht im März vorgelegt hatte, war umgehend als wahltaktisches Manöver gedeutet worden: FDP und CDU hatten eine Parlamentsdebatte zur Verschiebung angezettelt – sie aber dann doch beerdigt. Sokol nämlich hatte ihnen klar gemacht, dass es dem Rechnungshof darum ginge, dass die Kritik in der Verwaltung ankomme – und Abgeordnete kontrollierten, ob die Mängel abgestellt würden. Das wäre wohl ausgeblieben, hätte der Rechnungsprüfungsausschuss der abgelaufenen Legislatur den Bericht in einer letzten Amtshandlung feierlich zur Kenntnis genommen.

Wahlentscheidend wäre eine frühere Publikation wohl nicht gewesen. Zwar wird weiterhin Geld verschwendet, die Berichts-Beispiele sind jedoch eher undramatisch. Und die griffigsten sind Spätfolgen der großen Koalition: So lag’s an Henning Scherfs freihändiger Zusage, dass der Kirchentag 2009 satte 7,5 Millionen Euro von Bremen kassierte, also 55 Prozent der Kosten. In Köln, so Sokol, betrug der öffentliche Finanzierungsanteil nur 33 Prozent. Allerdings war’s nicht Scherfs Aufgabe, sondern die des aktuellen Wirtschaftssenators, die Vergabe der Gelder sachgerecht zu prüfen. Das hat er aber nicht. Und auch in anderen Fällen passt Sokols Befund, „dass wirtschaftliches Denken noch nicht in allen Köpfen“ verankert sei, besonders gut auf die Ressorts von Martin Günthner (SPD): Ohne Prüfung hat die Häfenverwaltung Miet- und Pachtbeiträge in Höhe von 1,3 Millionen Euro erlassen. Und beim Erweiterungsbau des Einwandererhauses legt die „Wirtschaftlichkeitsuntersuchung“ der Wirtschaftsbehörde zu hohe Einnahmen und zu hohe Besucherzahlen zu Grunde. Dafür kalkuliert sie ohne künftige Ausgaben – kurz sie ist „unrealistisch“. Hier sind die Folgen irreparabel: Statt sich zu rechnen, wie das Ressort verspricht, wird das Projekt laut Rechnungshof „den bremischen Haushalt dauerhaft belasten“.

Die Einnahmesituation verbessern könnte Bremen laut Sokol beispielsweise durch höhere Gesundheitsamts-Gebühren, vor allem hat es ihr eine Straßenreinigungsabgabe angetan: Zehn der 13 Millionen Kosten könnten so eingefahren werden. Strukturelle Sparmaßnahmen wären im Personalbereich möglich: Dort fehle die Transparenz beim Zulagen-System, oft gebe es Bonus-Zahlungen für Tätigkeiten, die ins Stellenprofil gehörten. BES