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Archiv-Artikel

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Weil Erich von Stroheim an die Stelle einer kollektiv inspirierten Mythologie seine persönlichen Mythen gesetzt habe, sei er zu einem der ersten Autorenfilmer geworden, analysierte der französische Regisseur Eric Rohmer einmal sehr treffend. Bei seiner ersten Regiearbeit „Blind Husbands“ (1919) nahm sich Stroheim zwar in Sachen Extravaganz noch ein wenig zurück, doch präsentierte er sich hier bereits in seiner Lieblingsrolle als The Man You Love to Hate: Er spielt einen erotomanen österreichischen Offizier, der bei einer Urlaubsreise in den Alpen versucht, die Frau eines amerikanischen Chirurgen zu verführen. Dabei wird in Szenen von beißender satirischer Schärfe schnell klar, dass der Offizier eigentlich ein armer Wicht ist. Zu sehen ist der Stummfilmklassiker in der Mitternachtsreihe in Babylon Mitte, musikalisch begleitet von Anna Vavilkina an der Orgel (18. 10., Babylon Mitte).

Vierzehn Jahre alt war Jean-Pierre Léaud, als François Truffaut ihn in „Les 400 coups“ (1959) erstmals in der Rolle des frühreifen Kleinkriminellen Antoine Doinel besetzte. Über die Jahre kehrten Truffaut und Léaud immer wieder zur Figur Doinel zurück und ließen ihn in vier weiteren Spielfilmen zum sympathischen Schlawiner heranwachsen. „Domicile conjugal“ („Tisch und Bett“, 1970) darf als der verspielteste dieser Filme gelten, dafür sorgen schon allein die vielen Gags um Doinels skurrile Nachbarn sowie sein Job in einer hydraulischen Versuchsanstalt, wo er den ganzen Tag ferngelenkte Modellschiffe bewegt. Und natürlich erzählt der Film einmal mehr von Antoines Irrungen und Wirrungen in Sachen Liebe: Mittlerweile hat er die Musiklehrerin Christine (Claude Jade) geheiratet, die man bereits aus „Baisers volés“ („Geraubte Küsse“, 1968) kennt, und ein Baby ist unterwegs. Doch Antoine kann sich mit dem alltäglich Vertrauten nicht arrangieren, und schon bald schweifen seine Blicke von der Gattin ab und fallen auf die hübsche Japanerin Kyoko – die ihn indes bald genauso langweilt. Denn im Mittelpunkt von Doinels Leben steht eben immer nur einer: er selbst (Geraubte Küsse + Tisch und Bett 18. 10., Lichtblick).

Wer ist der Größte? Na klar, das kann nur einer sein: Muhammad Ali, dreimaliger Boxweltmeister aller Klassen, berühmter Vietnamkriegskritiker und Wehrdienstverweigerer, intelligentes Großmaul und Kämpfer für die Rechte der Schwarzen in Amerika. Die Dokumentation „I Am Ali“ von Clare Lewins rollt Leben und Wirken des heute 72-jährigen, an Parkinson erkrankten Boxers noch einmal auf – mit vielen Bilddokumenten sowie zahlreichen Interviews mit Weggefährten und Familienangehörigen. Eine verdiente Huldigung an eine große Persönlichkeit (20. 10., 22. 10., Babylon Mitte).