piwik no script img

UNTERM STRICH

Die geplante Versteigerung von Andy-Warhol-Kunstwerken durch ein landeseigenes Unternehmen sorgt bei den Museumsdirektoren Nordrhein-Westfalens für große Empörung. In einem Brandbrief an die Landesregierung fordern 26 Direktoren von Kunstmuseen im bevölkerungsreichsten Bundesland, das Vorhaben zu stoppen. Es stehe „in schroffem Gegensatz zu den internationalen Konventionen“, die „den öffentlichen Kunstbesitz zu schützen suchen“, heißt es in dem Brief, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. „Unseres Wissens ist eine solche Vorgehensweise der öffentlichen Hand in Deutschland bisher einzigartig – im negativen Sinne.“

Dabei geht es um zwei Bilder, „Triple Elvis“ von 1963 und „Four Marlons“ von 1966, die jahrzehntelang im Aachener Spielcasino hingen. Das wurde 1976 eröffnet und mit rund 100 Kunstwerken von Dalí bis Warhol geschmückt. Die Sängerin Daliah Lavi und Curd Jürgens warfen damals die erste Kugel.

Doch die Glanzzeiten der Spielbank sind lange vorbei, der Wert der Kunstwerke ist allerdings gestiegen. Seit 2009 liegen die in ihrem Wert auf Rekordhöhe gekletterten Kunstwerke in einem Safe.

Ausschlaggebend für die Empörung der Museumsdirektoren ist auch, dass der geplante Verkauf ausschließlich finanziell begründet werde. Der Gewinn solle offenbar entweder die Verluste der Westdeutschen Spielbanken, die ein landeseigenes Unternehmen sind, ausgleichen, dem Neubau einer Spielbank dienen oder dem Schuldendienst des Landes NRW. Dies mache den Sachverhalt „zu einem brisanten Politikum mit erheblicher Sprengwirkung“.

Falls das Land die frühen Warhol-Werke tatsächlich in New York zur Versteigerung bringe – unter Vermeidung der deutschen Mehrwertsteuer –, würde ein grundlegender Kulturwandel vollzogen, der das Image Nordrhein-Westfalens und der Bundesrepublik „als Kulturland und Kulturnation in Frage stellt“: „Die Versteigerung der Warhol-Werke ist ein Tabubruch“, sie schaffe einen „Präzedenzfall“. Falls der Verkauf nicht mehr zu stoppen sei, müssten die Erlöse in die Kunst reinvestiert werden, so die Direktoren. „Das ist der einzige Weg, einen internationalen Ansehensverlust zu vermeiden“, heißt es in dem Schreiben an die nordrhein-westfälische Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) und die Minister.

Der Spielcasinobetreiber Westspiel will die Bilder in New York bei Christie’s versteigern lassen und erhofft sich davon 100 Millionen Euro. Westspiel ist ein Tochterunternehmen der NRW-Bank. Die Erlöse von Westspiel fließen größtenteils an das Land und die Kommunen, doch weder das Finanzministerium noch die NRW-Bank wollten sich zu dem geplanten Verkauf der Warhol-Bilder äußern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen