: Neue Hoffnungen auf Zypern nach Mauerfall
Griechische Zyprioten reißen einen Teil der fünf Meter hohen Mauer in der geteilten Hauptstadt Nikosia ein
NIKOSIA/BRÜSSEL ap/rtr ■ In einer Geste der Versöhnung haben die griechischen Zyprioten überraschend einen Teil der fünf Meter hohen Grenzmauer in der seit 1974 geteilten Hauptstadt Nikosia eingerissen. Baumaschinen begannen am späten Donnerstagabend mit den Arbeiten an der Mauer, die den griechischen vom türkischen Teil der Stadt trennt. Regierungssprecher Christodoulos Pashiardis sprach von einem „Zeichen des guten Willens“. Ein Sprecher der türkisch-zyprischen Regierung sprach laut Nachrichtenagentur Anadolu von einem historischen Ereignis.
Politiker beider Seiten äußerten die Hoffnung, dass damit der Weg für einen Grenzübergang in der Innenstadt von Nikosia bereitet werde. Der Außenminister der Republik Zypern, Georgios Lillikas, forderte, im Gegenzug sollten die türkischen Streitkräfte von dem Grenzabschnitt abgezogen werden. „Wir erwarten nach diesem einseitigen Beschluss unserer Regierung eine Entscheidung für den Abzug der türkischen Streitkräfte aus dem Gebiet, damit die Grenzübergänge für die Bürger geöffnet werden können“, sagte Lillikas gestern am Rande des EU-Gipfels in Brüssel.
EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn begrüßte die Abrissarbeiten in der Ledra-Straße. „Ich rufe alle Parteien auf, den durch diese mutige Entscheidung freigesetzten Schwung zu nutzen“, erklärte Rehn in einer in Brüssel veröffentlichten Pressemitteilung. „Die lang ersehnte Öffnung dieses Grenzübergangs wäre ein symbolischer Schritt, um die beiden Gemeinschaften in Nikosia näher zusammenzubringen.“
Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana sagte: „Hoffen wir, dass alles gut wird.“ Die EU-Kommission habe bereits Finanzhilfen über 100.000 Euro vorgemerkt, um eine mögliche Eröffnung des Grenzübergangs zu unterstützen.
Die Abrissarbeiten in der Ledra-Straße wurden gestern Morgen eingestellt. Der Übergang wurde von einem Großaufgebot der Polizei überwacht. Zivilisten soll der Übergang nicht gestattet sein, solange die türkischen Truppen auf der anderen Seite nicht abgezogen werden.
Zypern ist seit 1974 geteilt. Völkerrechtlich anerkannt ist nur die griechisch-sprachige Republik Zypern im Süden, nicht aber der türkisch-sprachige Norden. Der EU-Beitritt der geteilten Insel im Jahr 2004, von dem bislang nur die griechisch-sprachige Republik Zypern profitierte, hat zu erheblichen Irritationen zwischen der EU und der Türkei geführt.