„Dein Blut ist sauber“

8. Weltblutspendetag – nicht für Schwule

48, arbeitet in der Aids-Beratungsstelle der Region Hannover und engagiert sich im Lesben- und Schwulenverband.

taz: Herr Blumenthal, wieso darf schwules Blut nach den Richtlinien der Bundesärztekammer kein Leben retten?

Axel Blumenthal: Das hat viel mit Vorurteilen zu tun. Und mit Angst. Aber die Gefahr, dass eine positive Blutspende durchrutscht, lässt sich nie ganz ausschließen. Außerdem ist die Alternative zur Bluttransfusion doch der sichere Tod. Da wähle ich das Risiko.

Fühlen Sie sich diskriminiert?

Diskriminierung fängt da an, wo mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen wird. Immer mehr Heterosexuelle stecken sich mit HIV an. Und bei Homosexuellen kann man meist einen größeren Kenntnisstand über Risiken voraussetzen. Die Prostituierten sagen uns immer wieder: Die Freier wollen alle ohne. Es wissen doch auch nicht alle Ehefrauen, was ihre Männer so treiben. Spender sollte nur nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr gefragt werden.

Ist Lügen eine Alternative?

Nein, ich gehe nicht spenden, auch nicht verdeckt. Viele gehen hin und halten die Klappe, weil ihnen Blutspenden wichtig ist oder weil sie eine seltene Blutgruppe haben. Und weil sie wissen, dass sie negativ sind. Ethisch finde ich das legitim. Politisch ist es aber falsch. Das Klischee von Aids als homosexuelles Problem wird manifestiert. Heterosexuelle wägen sich in falscher Sicherheit: Dein Blut ist sauber, weil du keinen schwulen Sex hast. Das läuft der Aufklärungsarbeit zuwider.

Was denken Sie bei Aufrufen zum Blutspenden wie jetzt im Rahmen der Ehec-bedingten Plasmaknappheit?

Dass es absurd ist. Auf der einen Seite sind sie am Nölen, auf der anderen Seite wollen sie Blut nicht, obwohl es vollkommen in Ordnung ist. Da kann ich nur sagen: Irgendwann müsst ihr euch für die sinnvollere Alternative entscheiden. INTERVIEW: VIP