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Archiv-Artikel

Raketen-Moni hebt ab

Zwei Studenten, die unangemeldet zur Amtseinführung von Hamburgs Uni-Präsidentin wollten, sind angezeigt worden – wegen Hausfriedensbruchs. Zuvor strich die Uni einer Dozentin den Lehrauftrag, die sich im Fernsehen kritisch geäußert hatte

UMSTRITTENE WAHL

Monika Auweter-Kurtz wurde am 1. November 2006 Präsidentin der Universität Hamburg. Ein Findungsausschuss hatte nicht-öffentlich nach Kandidaten gesucht und auch Auweter-Kurtz gefragt, ob sie kandidieren wolle. Studierendenvertreter kritisierten dieses Verfahren damals als „Geheimniskrämerei“ und „Hinterzimmerdiplomatie“ und forderten eine Einbeziehung aller Universitätsmitglieder in den gesamten Prozess. Die Vorauswahl des Findungsausschusses lag als nächstes dem so genannten Hochschulrat vor, der noch immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit entschied. Erst danach musste der Akademische Senat die Wahl des Hochschulrates bestätigen. Auweter-Kurtz leitete vor ihrem Amtsantritt in Hamburg ein Zentrum für Plasma- und Raumfahrttechnologie an der Universität Stuttgart.  KC

VON KAIJA KUTTER UND GERNOT KNÖDLER

Die Universität Hamburg wird neuerdings mit harter Hand regiert. Die neue Präsidentin, Raumfahrt-Professorin Monika Auweter-Kurtz, hat einen Maulkorb für Professoren und Dozenten verhängt. Eine Mitarbeiterin, die sich im Fernsehen kritisch geäußert hatte, ließ sie rauswerfen. Jetzt hat sie zwei Studenten wegen Hausfriedensbruchs angezeigt, weil diese unangemeldet zu ihrer Amtseinführung gekommen waren.

Die Feierstunde am 1. Februar verlief nicht so harmonisch wie geplant. Etwa 30 Studierende störten mit Zwischenrufen – offiziell angemeldete Besucher, die ihrer schlechten Laune über die Wahl der Uni-Chefin mit schlechtem Benehmen Luft machten. Nichts zu tun mit dieser Sache hatten der Journalistikstudent Björn B. und sein Kommilitone Bastian M. Beide waren schon vor Beginn der Amtseinführung des Saales verwiesen worden. Trotzdem erhielten sie Mitte April einen Strafbefehl über 300 Euro auf Bewährung – wegen Hausfriedensbruchs.

„Ich war schlicht neugierig auf die Präsidentin“, berichtet Björn B. Dass sich Studierende hätten anmelden müssen, habe er nicht gewusst. So schlenderte er am 1. Februar noch weit vor Beginn der Veranstaltung durch einen offenen Seiteneingang ins Audimax. Im Saal hätten ihm Wachleute gesagt, dass er dort nicht bleiben könne. Da noch viele Plätze frei waren, sah Björn B. das nicht sofort ein. Er entdeckte den Uni-Pressereferenten, in dessen Abteilung er ein Praktikum gemacht hatte. „Ich fragte, ob wir nicht bleiben können, wenn wir unsere Personalien angeben“, erinnert sich der Student. Nach einer kurzen Diskussion hieß es, das gehe.

Zwei Minuten später sei der Referent wiedergekommen und habe gesagt, der Kanzler wolle nicht, dass nicht registrierte Studierende teilnähmen. Zivilpolizisten hätten sie dann hinaustragen wollen, sie seien aber freiwillig gegangen: „So wie wir auch einen Hörsaal verlassen.“ Das habe „wenige Minuten“ gedauert. Draußen hätten die Beamten ihnen vorgeworfen, sie hätten „Hausfriedensbruch“ begangen, weil sie den Saal nicht gleich verließen.

Nun ist dies nur ein „Antragsdelikt“, bei dem die Polizei nur aktiv wird, wenn ein Eigentümer Anzeige stellt, in diesem Fall vertreten durch Michael Hinz, den Leiter der Bauabteilung. Das Uni-Präsidium hätte diesen Strafantrag später zurückziehen können. Nach taz-Informationen hat Uni-Präsidentin Auweter-Kurtz persönlich entschieden, dies nicht zu tun.

Damit hatten Björn B. und Bastian M. nicht gerechnet. „Ich bin ein ganz normaler Student, der ganz normal in einen Hörsaal ging, um seine Präsidentin zu sehen, die ich mir wenigstens mal angucken wollte, wenn ich sie schon nicht wählen durfte“, sagt B. Und nun sei er des Hausfriedensbruchs angeklagt. Die Studenten legten Widerspruch ein. Sie hoffen immer noch auf eine Rücknahme des Strafantrags.

B. sei mehrfach dargelegt worden, dass er unangemeldet nicht teilnehmen könne, sagte Uni-Sprecherin Viola Griehl kurz nach dem damaligen Vorfall. Präsidentin Auweter-Kurtz habe eine öffentliche Feier gewünscht, der Saal aber nur eine begrenzte Kapazität. Eine aktuelle Stellungnahme war von der Hochschulleitung nicht zu bekommen.

Einen robusten Umgang mit Universitätsangehörigen demonstrierte Auweter-Kurtz auch im Fall der Dozentin Sabine Todt. Die Historikerin hatte am 1. März in der Fernsehsendung „Monitor“ die Bedingungen kritisiert, unter denen Lehrbeauftragte an der Hamburger Uni arbeiten. Einige Wochen später wurde ihr mitgeteilt, dass das Mittelseminar, das sie über „Gender und Unternehmensgeschichte“ halten sollte, entfalle. Dabei stand die Veranstaltung längst im Vorlesungsverzeichnis. Das Historische Seminar hatte den Lehrauftrag nach taz-Informationen bereits kurz vor Weihnachten 2006 erteilt.

An einem „kausalen Zusammenhang zwischen meinen Äußerungen im Beitrag und dem Entzug des Lehrauftrages wurde kein Zweifel gelassen“, sagte Todt der taz. Am Telefon habe man ihr mitgeteilt, die Entscheidung komme von der Universitätsleitung. In der schriftlichen Absage bat das Departement um Verständnis: Todt werde einsehen, dass keine Lehraufträge an Leute vergeben würden, „die behaupten, sie hätten keine Möglichkeit, sich gegen die Übernahme bezahlter Lehraufträge zu wehren“ – in dem „Monitor“-Beitrag war vermengt worden, dass Todt zunächst als Wissenschaftliche Mitarbeiterin nebenher unbezahlte Seminare gegeben und anschließend als Lehrbeauftragte gegen Geld Seminare angeboten hatte. Uni-Sprecherin Griehl bestritt stets, dass die Stornierung des Lehrauftrags mit dem Fernsehauftritt zusammenhänge: „Meiner Kenntnis nach gibt es diesen Zusammenhang nicht.“

Griehl ist seit Ende März auch dafür zuständig, dass die Professoren keinen Unsinn plappern: Am 29. März schrieb Auweter-Kurtz in einem Rundbrief an die sechs Dekane, dass es „kontraproduktiv“ sei, wenn Fakultätsmitglieder in den Medien Stellung nähmen „ohne sich mit der Pressestelle abzustimmen“. Sofern Medien Experten suchten, werde die Pressestelle vermitteln. Gehe es aber um „politisch diskutierte Fragen“, wie Studiengebühren, Exzellenzinitiative oder Zulassungsbeschränkungen, müsse man dafür sorgen, „dass die Universität einheitlich nach außen auftritt“.