Putins Getreue siegen in den Regionen

Bei den Wahlen in 14 russischen Regionen triumphieren die beiden kremlhörigen Parteien. Die Opposition durfte vielerorts gar nicht erst antreten. Der Chef der Kommunisten, Gennadi Sjuganow, bezeichnet die Wahlen als „dreckigste“ überhaupt

AUS MOSKAU KLAUS-HELGE DONATH

„Derart dreckige Wahlen hat es noch nie gegeben“, meinte der Chef der Kommunistischen Partei Russlands (KPRF) nach dem Urnengang in 14 russischen Regionen am Wochenende. KP-Generalsekretär Gennadi Sjuganow übertreibt nicht. Bestechung und Vorteilsnahme der Amtsinhaber gehören bei Wahlen auch in Russland zum üblichen Procedere. Todesanzeigen des gegnerischen Kandidaten oder Bildcollagen pornografischen Inhalts, wie sie in Sankt Petersburg verbreitet wurden, dokumentierten gleichwohl eine neue Qualität der Auseinandersetzung.

Auch Shoot-outs hatte es bislang nicht gegeben. Auf Bergstraßen Dagestans lieferten sich Vertreter der Kremlpartei „Vereinigtes Russland“ (VR) und der einst demokratisch orientierten Opposition „Union der Rechtskräfte“ (UdR) einige Scharmützel. Die zahlenmäßige Überlegenheit der VR sicherte der Partei einen unblutigen Sieg. Auf der Strecke blieben zwei getötete Anhänger der UdR, berichtete die Nowaja Gaseta gestern. Russlands zentrale Wahlkommission (ZIK) bezeichnete die Abstimmung als Testlauf für die Dumawahl im Dezember dieses Jahres.

Nach vorläufigen Ergebnissen siegte die VR in 13 von 14 Regionen. Das bislang beste Ergebnis erzielte die Kremlpartei mit 56 Prozent im sibirischen Omsk, das schlechteste in Stawropol. 23 Prozent erhielt der Gouverneur des südrussischen Kreises, Alexander Tschernogorow.

In Stawropol gewann die Partei „Gerechtes Russland“ (GR) mit 37 Prozent eine relative Mehrheit. Die GR ist wie die VR eine Kopfgeburt des Kreml. Chef ist der Putinvertraute und Föderationsratsvorsitzende Sergej Mironow. Erst im Spätherbst gebar der Kreml neben der VR, dem Standbein der Mächtigen, als Spielbein und Auffangbecken das „Gerechte Russland“, um dort die Restkräfte der Bürokratie unterzubringen, die in der VR keinen Platz fanden. Die Parteien unterscheiden sich weder in Ideologie noch Programmatik.

Für den Kremlchef rückt damit die Schaffung eines „Zweiparteiensystems“ näher. Trotz politischer und mentaler Identität bekämpfen sich beide bürokratischen Fraktionen bis aufs Messer. Verwunderlich wäre es nicht: Denn es geht um die Wurst. Die zu kurz gekommenen Funktionäre der GR wollen einen sicheren Platz am staatlichen Futtertrog, die Honoratioren von der VR wollen aber nicht teilen.

Von Wahlen im westlichen Verständnis konnte keine Rede sein. Die Opposition stieß schon bei der Registrierung auf Schwierigkeiten. In Sankt Petersburg scheiterte die liberaldemokratische Partei „Jabloko“ an der bürokratischen Hürde. Stein des Anstoßes war ein falsch ausgefülltes Formular und angeblich ungültige Unterschriften von Unterstützern, die Parteien zur Zulassung vorlegen müssen.

Auch in anderen Regionen scheiterten Parteien, die nicht direkt dem Kreml zuzuordnen sind, an formalen Kriterien. Änderungen im Wahl- und Parteienrecht haben die Ausgangsbedingungen grundsätzlich erschwert. Die Fünfprozenthürde wurde auf sieben Prozent angehoben, Listenverbindungen mehrerer Parteien wurden verboten und die bislang erforderliche Mindestbeteiligung von 20 Prozent der Wähler am Urnengang aufgehoben. Über die Wahlbeteiligung ließ das ZIK die Bürger gestern noch im Dunkeln.

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