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Archiv-Artikel

No logo!

Immer wieder klagt die Firma Jack Wolfskin gegen die taz. Es geht um die berühmte Tazze. Haben die nichts Besseres zu tun?

Pünktlich zum Beginn der Badesaison hatte sich Jack Wolfskin Anfang Juli 2006 bei der taz beschwert und wollte die Verwendung der Tazze neben dem Schriftzug „die tageszeitung“ auf dem taz-Badetuch untersagen. Mit Hilfe des Landgerichts Hamburg ist das Jack Wolfskin auch gelungen. Um des lieben Friedens willen konterte die taz nicht juristisch, sondern indem sie die Tazze auf den restlichen Badetüchern mit einem schwarzen Kreuz übersticken ließ und mit den Worten bewarb: „Wir werfen das Handtuch: Jetzt darf die taz keine tazze mehr zeigen. Jack Wolfskin hat sich beklagt. Deswegen gibt es unser extra großes, knallrotes, flauschiges Badetuch (2 m) mit schönem, silbernem taz-Logo nun mit noch schönerem Kreuzstich. Dafür geht man vor Gericht gerne mal baden. Einmaliger textiler Protest-Beitrag: 43,00 EUR“.

Diesem Protest schloss sich auch Jack Wolfskin an und machte 43 Euro für ein Badetuch locker. Gefallen fand man daran jedoch nicht und schickte wieder die Anwälte vor, die unter anderem vernehmen ließen: „Darüber hinaus beinhaltet das ‚Durchstreichen‘ des Tatzensymbols eine rufschädigende Abwertung der bekannten Marke unserer Mandantin [Jack Wolfskin, Anm. d. taz]. Der Text, mit dem Sie das derart veränderte Badehandtuch bewerben, stellt zudem eine unlautere Herabsetzung unserer Mandantin dar. (…) Sie stellen unsere Mandantin in ein schlechtes Licht, obwohl diese allein ihre berechtigten Interessen an dem Schutz ihrer Tatzenmarke verfolgt hat.“ Das liest sich nach Tränen, die selbst zwei Quadratmeter Baumwolle nicht zu trocknen vermögen. Trost aber spendet der Rechtsweg. Ob das behauptete Interesse von Jack Wolfskin wirklich so berechtigt ist, mag aus juristischer Sicht zwar zutreffen. Was jedenfalls Fairness und Geschäftsgebaren betrifft, kann man auch zu einem anderen Urteil kommen.

Seit 1982 ließ Jack Wolfskin die Tazze zunächst als Warenzeichen und später als Marke immer wieder für verschiedene Verwendungszwecke schützen. Damals war Jack Wolfskin noch eine kleine Manufaktur im gerade erst entstehenden Outdoor-Markt und Merchandising bei Tageszeitungen noch ein Fremdwort. Die taz ließ den Raubtiernachwuchs gern gewähren, obwohl der Designer Roland Matticzk das Tazzenlogo bereits 1979 für die taz kreiert und diese es ständig verwendet hatte.

Während man sich bei Jack Wolfskin vorausschauend um das Geschäft kümmerte, widmete sich die taz ganz den publizistischen Weltverbesserungsmaßnahmen und vergaß darüber schlicht, ihr Symbol durch Eintragung schützen zu lassen.

Im Laufe der Jahre näherten sich die Produktpaletten beider Firmen einander immer weiter an. Nach einigem Vorgeplänkel verklagte 1995 Jack Wolfskin deshalb die taz zum ersten Mal, weil diese es gewagt hatte, ihre Tazze – teilweise sogar in Verbindung mit dem Schriftzug „taz“ – auch auf Bekleidungsstücken anzubringen. Nach Berufung der taz entschied in letzter Instanz das Oberlandesgericht Hamburg im Jahr 2002, dass die taz bestimmte Produkte – so auch Handtücher – nicht mit ihrem Logo, ob mit oder ohne den Zusatz „taz“, versehen darf. Das Oberlandesgericht bescheinigte der Tazze: „Der Abdruck einer Tierspur (…) lässt Raum für verschiedenste Assoziationen, wie z. B. Nähe zur Natur, Kraft und Schnelligkeit eines wildlebenden Tieres, Freiheit und Abenteuer.“

Genau das waren auch die Gründe, aus denen die taz sich dieses Logo gegeben hatte. Die taz ergänzte künftig die Tazze durch den Schriftzug „die tageszeitung“, wie man es auch von ihrem Zeitungskopf kennt. Aber auch das ist Jack Wolfskin ja nicht genug. Dass die taz mal um ein Kreuz kämpfen würde, hätte man sich Anno 1979 auch nicht träumen lassen.

Ganz der auf Nachhaltigkeit und ein alternatives Image bedachte Outlaw, wie man sich mit Schlagworten wie „Social Sponsoring“ geriert, ist Jack Wolfskin allerdings auch nicht mehr: Nach einer Zwischenstation bei der Private-Equity-Gesellschaft Bain Capital wurde Jack Wolfskin 2005 an den deutschen Finanzinvestor Quadriga Capital verkauft. Ob dies zum gerichtlich abgesegneten Dreiklang aus Natur, Freiheit und Abenteuer noch passt, wissen wir nicht. Fest steht nur: Die taz bleibt ihrer Tazze treu. PETER SCHEIBE

Peter Scheibe, 34, Rechtsanwalt, ist Justiziar der taz.