: Gesucht: Säumige Väter
UNTERHALT Weil ein Vater für sein Kind nicht zahlte, steht er seit gestern vor Gericht. Die Stadt schießt in 4.800 solcher Fälle den Unterhalt vor
Sigrid Andersen, Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter
Wegen „Verletzung der Unterhaltspflicht“ muss sich seit gestern ein Vater in einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht verantworten.
Seit Geburt seines Sohnes im Jahr 1996 zahlte der Angeklagte Sven M. (42) nicht freiwillig. Warum, das weiß er selbst nicht. „Ein Sturkopf“ sei er gewesen, sagt er. Dies gelte zumindest bis 2004, danach sei er ohnehin schwer erkrankt und habe nicht mehr arbeiten können. Seitdem lebt er von Hartz IV. Das Gericht prüft nun, ob sich der Angeklagte nicht genug um eine zumutbare Arbeit bemüht hat.
Denn das Kind leidet darunter, wenn ein Vater nicht zahlt. Und meistens sind es die Väter: „90 Prozent aller Alleinerziehenden sind Frauen“, so Sigrid Andersen vom Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter. „Und ein Drittel aller Kinder bekommt kein Geld vom Vater.“ Bei einem weiteren Drittel komme die Zahlung nur unregelmäßig oder in zu geringer Höhe. In diesen Fällen zahlt das Amt für Soziale Dienste den Mindestsatz des Unterhalts als Vorschuss. Allerdings nur bis das Kind zwölf ist und maximal für sechs Jahre. Danach müssen die Mütter das Kind allein ernähren, Familie und Beruf miteinander vereinbaren. „Kinder zwischen 12 und 14 Jahren sind oft noch zu klein, um Schlüsselkinder zu werden“, so Andersen. Ihr Verband setzt sich für einen uneingeschränkten Vorschuss bis zur Volljährigkeit ein.
Bremen zahlt nach Angaben des Sozialressorts derzeit in 4.800 Fällen solche Vorschussleistungen. Nur in zehn Prozent dieser Fälle gelingt es dem Land, das Geld von den säumigen Vätern zurückholen.
Sandra Ahrens, jugendpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion sagte, durch die geringe Rückholquote verschenke Bremen Millionen. Eine Emittlungsgruppe solle eingesetzt werden, um die Väter zur Kasse zu bitten. „Wenn der Staat die Vermögensverhältnisse klärt, hilft das auch der Frau“, so Ahrens.
Von Vätern, die ihr Vermögen verschleiern, könne die Mutter dann den vollen Unterhalt einklagen. Eine Sprecherin des Sozialressorts sagte, die geringe Rückhol-Quote liege nicht daran, dass die Väter unauffindbar seien, sondern dass sie meist nichts zahlen können.
„Vielen Frauen ist an einem guten Umgang zum Vater ihrer Kinder gelegen“, sagte Sigrid Andersen, die Hemmschwelle gegen den Vater gerichtlich vorzugehen sei daher hoch. Doch unterlassene Unterhaltszahlungen sind kein Kavaliersdelikt. Eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren steht dafür im Strafgesetzbuch.
Auch der Angeklagte Sven M. sagte, mittlerweile wisse er, dass er zahlen müsse. Seiner Sache jedoch ist er sich sicher: Auf einen Strafverteidiger hat er verzichtet.