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Archiv-Artikel

Das Kino ernst genommen

NACHRUF Zum Tod des Filmemachers Peter Schamoni

Nach kurzer schwerer Krankheit ist am Dienstag der Filmemacher Peter Schamoni im Alter von 77 Jahren in einer Münchner Klinik verstorben. Schamoni, Sohn des Filmtheoretikers, Kameramanns und Regisseurs Victor Schamoni und der Drehbuchautorin und Cutterin Maria Schamoni sowie Bruder des Regisseurs Ulrich Schamoni, war einer der Protagonisten des neuen deutschen Films, der 1962 im Oberhausener Manifest mit den berühmten Worten „Der alte Film ist tot. Wir glauben an den neuen“ proklamiert wurde.

Geboren 1934 in Berlin, trat Schamoni bereits als Kind in diversen Film- und Theaterinszenierungen auf. Am Institut für Publizistik in Münster lernte er Mitte der fünfziger Jahre den späteren Leiter des Münchner Filmmuseums Enno Patalas kennen. Bald darauf zog er nach München um, wo er Literatur, Kunst- und Theatergeschichte studierte und die Schauspielschule besuchte. 1957 drehte er „Moskau“, seinen ersten Kurzfilm. 1962 dann Oberhausen, wo er mit 25 anderen Filmemachern, darunter Edgar Reitz und Alexander Kluge, eine „Abkehr von Papas Kino“ hin zu gewagteren ästhetischen Formen proklamierte. Mit „Schonzeit für Füchse“, seinem ersten Langspielfilm, gelang es ihm 1965 dann auch tatsächlich, diese Forderungen in die Praxis umzusetzen.

Parallel dazu begann Peter Schamoni, als Produzent zu arbeiten und dabei durchaus auch Massenkompatibles zu schaffen. Etwa die Komödie „Zur Sache, Schätzchen“ mit Uschi Glas in der Hauptrolle – einer der großen Kassenerfolge des Kinojahres 1968. Es ist diese Offenheit, die Peter Schamoni bis heute zu einer so einzigartigen Erscheinung in der deutschen Filmlandschaft macht.

Auch auf dem Gebiet des Dokumentarfilms gelang ihm Innovatives. Etwa in „Wilhelm II. Majestät brauchen Sonne“ aus dem Jahr 1999, in dem Schamoni historisches Filmmaterial aus dem frühen 20. Jahrhundert montiert hat. Gleichermaßen Porträt des letzten deutschen Kaisers wie Mediengeschichte in Bildern, ordnet der Film das gefundene Material stets in einen bildhistorischen Kontext ein. Und es ist verblüffend, wie es Schamoni gelingt, das Gezeigte mit der ästhetischen Praxis seiner Entstehungszeit zu konfrontieren und dem Zuschauer doch nie die Möglichkeit zu nehmen, das Gesehene selbst zu interpretieren. Dieser Balanceakt steht symbolhaft für eine Erzählhaltung, die den Zuschauer stets für voll nimmt – und somit das Kino selbst. ANDREAS RESCH