: Hartnäckige Hüterin der Erinnerung
Zum Tod der Pädagogin Ursula Randt, die ihr Leben in den Dienst der Erforschung des jüdischen Schulwesens in Hamburg gestellt hat und dafür mit der Ehrendoktorwürde und der Lappenberg-Medaille ausgezeichnet wurde
Es war während eines Schulfestes im Jahr 1977, als die Sonderschullehrerin Ursula Randt von der Geschichte des Schulgebäudes erfuhr: Eine Schülerin der ehemaligen Mädchenschule der Deutsch-Israelitischen Gemeinde erzählte ihr, dass sie einst in der Karolinenstraße 35 zur Schule gegangen war. Seitdem erforschte Ursula Randt das jüdische Schulwesen in Hamburg – ehrenamtlich, akribisch und ohne zu vergessen, worauf manche akademische Kollegen meinen, verzichten zu können: Empathie, Teilnahme, Verständnis. Vielleicht war ihr diese Arbeit möglich, weil sie das Schicksal von Verfolgten unmittelbar nachempfinden konnte. Ihrem Vater, dem Dermatologen Egon Klebe, wurde wegen seiner jüdischen Herkunft die Approbation entzogen; er floh 1939 in die USA.
Die bekanntesten Ergebnisse von Ursula Randts Forschungen sind die Bücher „Carolinenstrasse 35“ und „Die Talmud Tora Schule in Hamburg“. Dass in der früheren jüdischen Mädchenschule heute eine Gedenk- und Bildungsstätte eingerichtet wurde, ist wesentlich ein Verdienst von Ursula Randt. Wer mit ihr gearbeitet hat, kann von der charmanten Hartnäckigkeit berichten, mit der sie die Erinnerung an ehemalige jüdische SchülerInnen und Lehrkräfte wach gehalten hat.
Im April 1989 bekam Ursula Randt vom Fachbereich Erziehungswissenschaften der Universität Hamburg die Ehrendoktorwürde. Der „Verein für Hamburgische Geschichte“ ehrte sie für ihre außerordentlichen Verdienste noch kurz vor ihrem Tod mit der Verleihung der Lappenberg-Medaille. Ursula Randt starb am 20. Mai. Ein Verlust für alle, die sich der jüdischen Geschichte Hamburgs verpflichtet fühlen. Wilfried Weinke