: Grube giftet gegen Grüne
STUTTGART 21 Die Bahn AG will im Konflikt um das Bahnhofsprojekt Fakten schaffen und lässt bauen. Bahnchef Rüdiger Grube wirft den Grünen Wählertäuschung vor
BAHNCHEF GRUBE
VON INGO ARZT
BERLIN taz | Das Band zwischen der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg und der Deutschen Bahn scheint endgültig zerrissen. Bahnchef Rüdiger Grube griff die Grünen unverhohlen an und warf ihnen zunächst Volksverdummung und Wählertäuschung vor. Anschließend ließ er Details der weiteren Bauarbeiten für das umkämpfte Projekt Stuttgart 21 verkünden.
Die Deutsche Bahn AG will demnach in der nächsten Woche mit dem Bau eines 17 Kilometer langen Rohrsystems beginnen, rund ein Kilometer davon verläuft durch Wohngebiete. Die Bauarbeiten sind Teil eines Grundwassermanagements zum Bau des Tiefbahnhofs. Allerdings müsste dafür aus Sicht der Grünen ein neues Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. „Die Bahn vermittelt den Eindruck, als könne sie selbst darüber entscheiden, ob ein neues Planfeststellungsverfahren nötig ist oder nicht“, sagte ein Sprecher der Grünen der taz. „Es wäre aber dringend notwendig, auf eine Entscheidung des zuständigen Eisenbahnbundesamts zu warten.“ Insgesamt muss nun doppelt so viel Grundwasser abgepumpt werden wie zunächst geplant.
Bereits am Abend zuvor hatte Grube die Grünen angegriffen: Der Partei, die in Baden-Württemberg erstmals einen Regierungschef stellt, sei vor der Landtagswahl bekannt gewesen, dass sie nicht aus den vereinbarten Verträgen für den unterirdischen Bahnhof herauskomme. „Alles andere, was sie gemacht haben, ist Volksverdummung und Wählerfängerei. Man hat nicht ehrlich mit den Wählern gesprochen“, kritisierte Grube. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) bezeichnete die Kritik als unangemessen für einen Vorstandsvorsitzenden eines öffentlichen Unternehmens. „Die Bahn sollte es unterlassen, der Politik Täuschung vorzuwerfen, da sie bis heute keine Klarheit über die tatsächliche Entwicklung der Kosten für Stuttgart 21 herstellt“, sagte Hermann. Die Bahn hatte am Dienstag die Arbeiten an Stuttgart 21 nach zweimonatigem Baustopp wieder aufnehmen lassen. Dabei plant die Landesregierung für den Herbst einen Volksentscheid, der das Projekt des Bahnhofsneubaus noch kippen soll. Bis dahin sollten die Bauarbeiten nach Willen von Projektgegnern und Grün-Rot ruhen. Die Kosten dafür hätte die Landesregierung übernehmen müssen. Allerdings befand sie den von Grube auf 56 Millionen Euro dafür angesetzten Betrag für zu hoch. Bis Mitte Juli soll zudem das Ergebnis des mit Hilfe des Schlichters Heiner Geißler vereinbarten Belastungstests für den Bahnhof vorgelegt werden. Mit der Simulation soll geprüft werden, ob der neue Bahnhof in der Spitzenstunde 30 Prozent mehr Züge abfertigen kann als der bisherige Kopfbahnhof. Die neue Vorsitzende des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Brigitte Dahlbender, forderte eine breite öffentliche Diskussion, wenn die Ergebnisse vorliegen. Die Bahn hingegen plane eine Vergabe größerer Aufträge bereits für den 15. Juli.
Grube droht nun mit einer Klage. Der Vertrag von Bund, Land, Stadt Stuttgart und Bahn über das Milliardenprojekt enthalte keine Rücktrittsklausel, sagte er. Jede der Parteien habe sich verpflichtet, projektfördernd zu agieren. „Wenn jemand dieser Pflicht nicht nachkommt, den muss ich dann verklagen.“ Die Grünen bezeichneten die Drohung als „absurd“.
Auch die Gegner des Projekts griffen den Bahnchef daraufhin scharf an: „Das ist ein Ablenkungsmanöver. Grube steht mit dem Rücken zur Wand, der kann nur noch mit Dreck werfen“, sagte Matthias von Herrmann, Pressesprecher der aktiven Parkschützer, der taz.