: Tanzen gegen die Verhältnisse
WEISSRUSSENDISKO In ihrer Heimat darf die weißrussische Band Krambambulya nicht auftreten, jetzt tourt sie durch Deutschland und spielt heute in Berlin
Laut Legende ist Krambambulya ein Land, in dem die Sonne das ganze Jahr über scheint, Milch und Honig fließen und die Leute keine Armut kennen. Die Bewohner brauchen weder Könige noch Präsidenten, weil sie sich in Weisheit selbst regieren. Was wie ein Märchen aus „1001 Nacht“ klingt, ist die selbst geschriebene Geschichte Krambambulyas auf der Homepage der gleichnamigen weißrussischen Band.
In einer Diktatur wie dem Lukaschenko-Regime liest sich dieses Märchen wie eine Provokation. Das Bandmotto: „Never forget – we are not afraid to dance“ kommt denn auch einer politischen Ansage gleich.
Die Band, die bereits Konzertsäle in Polen, Russland und der Ukraine füllte, darf ausgerechnet in ihrer Heimat nicht mehr auftreten. Nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Dezember letzten Jahres, bei der Oppositionelle und Demonstranten verletzt und entführt wurden, hat sich die Lage zugespitzt. Krambambulya steht auf einer im März veröffentlichte Liste mit 57 Namen von Musikern, Autoren und Schauspielern, die in Weißrussland unerwünscht sind. Angeblich beeinflusse das Werk dieser Künstler in negativem Ausmaß die normale Entwicklung und die Sozialisierung der Jugend. Wenigstens tanzen die musikalisch Verbannten nun durch Deutschland und machen auch in Berlin Halt, im Hangar 49 in Tempelhof.
Vor zehn Jahren wurde die Band in Minsk von dem Musiker, Schriftsteller und Maler Ljavon Volski gegründet, der schon zuvor die alternative Pop- und Rockszene seines Landes geprägt hatte. Seine Lieder wurden zu Hymnen der oppositionellen Jugendbewegung und gehören auch heute noch zu den meistgesungenen. 2006 waren sie auch im Dokumentarfilm über die Demokratiebewegung und Wiederwahl Lukaschenkos „A lesson of Belarussia“ zu hören.
Krambambulya versteht sich aber nicht nur als Musikopposition im eigenen Land: „From Belarussia around the world“ ist das Motto ihrer aktuellen Tour. Volski erklärt: „Wenn Europa und die Welt schon nicht zu uns nach Belarus kommen, dann müssen wir sie eben nach Belarus holen.“ Deshalb werden Volkslieder aus Kroatien, Deutschland, Irland und Polen von dem siebenköpfigen Ensemble ins Weißrussische übersetzt und zu einer energiegeladenen Mischung aus Ska, Punk und Glamrock verbreitert, mit durchaus tanzbaren Momenten.
Krambambulya bezeichnen ihren Stil als „Fun Loving Alternative Folk-Punk-Pop“. Das bedeutet, dass Combo-Instrumente wie Trompeten, Gitarren und Uptempo-Drumbeats aus den Auftritten schweißtreibende Veranstaltungen machen. Was denn auch die Legende abrundet, nach der die Leute in Krambambulya nichts mehr lieben, als zu singen, trinken und tanzen.
MARION VON ZIEGLAUER
■ 18. Juni, Hangar 49 in Tempelhof, Beginn 22 Uhr