: Im Baumwollkleid zum Chill-out
IBIZA Adlib – Die Mode der Balearen-Insel steht für Freiheit, Hippies und Ethno-Touch. Sie kommt auch auf den coolen, lauten Insel-Partys gut an
SCHRIFTSTELLERIN GERTRUDE STEIN
Niemand ist eine Insel. Doch die abgeschlossenen Gebilde eignen sich für idyllische, exotische, erotische oder philosophische Entwürfe. Und für Paradiesvorstellungen. Sylt etwa wäre das Luxusmarkenparadies, Helgoland das Trinkerparadies, und das spanische Ibiza hat es vom Hippieparadies zum Himmelreich der Clubtouristen geschafft.
Wer einmal den ältesten Club der Welt besuchen möchte, der muss ins Pacha in Ibiza Stadt. Doch der ultimative Treff für „den weltgewandten, urbanen Traveller“– so die Eigenwerbung – ist das Ushuaïa Ibiza Beach Hotel. Der letzte Schrei des Chill-out-Tourismus: ultramodernes Design, Himmelbetten am Pool. Dazu gehören auch: „DJ-Sessions und Fashion-Shows“. Ein teurer Ort zum Sehen und Gesehenwerden mit internationalen Star-DJs.
Dazu trägt der heiße Feger am besten die heimische Adlib-Mode. Dieser Modestil der Insel, von der Regierung offiziell als Kulturgut gefördert, kommt unschuldig-sexy daher. Paloma Ruiz, die Tochter der Adlib-Designerin Charo Ruiz, führt ihn vor: ein spitzenbesetztes Baumwoll-Babydoll, statt dem üblichen Weiß in zartem Lachs, dazu bestickte, flache Ldir-Ibiza-Stiefel mit Fransen und Nieten. Als Accessoire eine Kette der Schmuckdesignerin Elisa Pomar, die den traditionellen ausladenden Inselschmuck der Frauen mit neuen bunten Perlen verziert. Zur Abrundung eine feinlederne Hippie-Fransenweste. „Die ersten Kleider der Adlib-Mode waren sehr einfach“, sagt Paloma. „Wichtig waren die Accessoires.“ Die Kleider von Charo Ruiz sind hochwertig von der Ausführung und vom Stoff. Ihre hauptsächlich weiße Spitze tragen junge Spanierinnen vom Festland gerne als Hochzeitskleid oder zu anderen Festen. Die Adlib-Modemacher verwenden natürliche Stoffe, traditionelle Stickereien und Applikationen. „Ungefähr zehn DesignerInnen verkaufen unter der Dachmarke Adlib“, sagt der Designer Lluis Ferrer, der sich gerne an den Ursprung dieser Mode, die Hippiezeit, erinnert. „Damals war noch wirklich was los auf Ibiza.“
Die Adlib-Mode lässt sich von den typischen Trachten der Insel inspirieren, aber vor allem an der Kleidung der Hippies. Ihr Geburtsjahr war 1971. Smilja Mihailovich, eine unkonventionelle Serbin, auch die Prinzessin genannt, ließ sich Anfang der 60er Jahre auf Ibiza nieder und machte den Kleidertrend populär: das leichte Baumwollgewand mit Rüschen, weiß, wie die Anmutung der „weißen Insel Ibiza“. Luftig, leicht, unkompliziert, verspielt. Inzwischen kommt Adlib-Mode auch farbig wie Flower-Power daher. Der Begriff Adlib leitet sich aus dem lateinischen Ausdruck „Ad libitum“ ab, nach Gutdünken, nach Belieben. Die Mode der Freiheit eben.
Ibiza hat sich vom Happening der Hippies zur Insel der Partys und Discos gewandelt. Es ist cooler, reicher, schwuler geworden. Verändert haben sich die Drogen, die Musik, die Visionen. Geblieben sind die sexuelle Freizügigkeit und das leichte, im Sommerwind flatternde Baumwollstöffchen. EDITH KRESTA