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Archiv-Artikel

„Nicht nur Leute mit Rama in den Haaren“

Breitensport-Sponsoring ist mindestens so wichtig wie der Spitzensport, sagt Exfußballmanager Reiner Calmund

REINER CALMUND, 58, ist Geschäftsmann, TV-Moderator und ehemaliger Manager des Fußballclubs Bayer 04 Leverkusen.

taz: Herr Calmund, Sie sind bei der neuen Initiative „Klasse in Sport“ für mehr Fitness von NRW-Grundschülern dabei. Warum diese Aktion?

Reiner Calmund: Kinder und Jugendliche müssen sich mehr bewegen. Es geht um die motorische Förderung der Schüler. Die sitzen zu viel vor dem Computer heutzutage. Der Computer ist wichtig – aber Sport auch. Unsere Aktion wird von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der Sporthochschule in Köln und der Wirtschaft unterstützt.

Sind Sie Unterstützer des Projekts, um Firmen als Sponsoren anzuwerben?

Zunächst einmal bin ich als Übergewichtiger ein abschreckendes Beispiel – und darum bestens geeignet, um für mehr Bewegung zu werben. Außerdem möchte ich Unterstützer für das Projekt gewinnen.

Zu den Sponsoren des Projekts gehören eine Brauerei und ein Kartoffelchips-Hersteller. Ist das glaubwürdig?

Ja, im Scherz kann man sagen, Bitburger und Intersnack wollen ihren Champions-League-Platz bei den Couch Potatoes vor dem Fernseher verteidigen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Diese Unternehmen nehmen ihr Engagement sehr ernst – auch finanziell. Es ist wichtig Partner zu haben, die sinnvolle Projekte für mehr Bewegung und Sport mittragen.

Warum machen Unternehmen das? Fürs gute Image?

Natürlich spielt das auch eine Rolle. Aber Manager und Wirtschaftsvertreter stehen auch hinter der Idee, Jugendliche für den Sport zu gewinnen. Das sind keine Leute mit Nadelstreifen und Rama im Haar, sondern echte Sportfans. Das sind natürlich keine Traumtänzer. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, wo Profit zählt. Aber es gibt auch ein Interesse am sozialen Zusammenhalt und am Gemeinwohl.

Ihr ehemaliger Arbeitgeber, der Bayer-Konzern, zieht sich nun teilweise aus der Sportförderung zurück. Hätten Sie das mitgetragen, wenn Sie heute noch bei Bayer wären?

Da wäre ich nicht nach gefragt worden. Und das möchte ich auch nicht kommentieren.

Halten Sie die Grundsatzentscheidung für richtig: Nur noch Fußball zu fördern?

Sicherlich ist Fußball für einen Sponsor der attraktivste Sport – was die mediale Aufmerksamkeit angeht und die allgemeine Popularität. Aber es hilft jetzt bei Bayer keine Jammerei. Wichtig ist, dass der Breitensport weiter finanziell unterstützt wird. Das ist mindestens genau so wichtig wie das Sponsoring von Spitzensport.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER