: Gute Unternehmensführung ist Ansichtssache
Der „Corporate Governance Kodex“ soll die Unternehmensführung verbessern. Doch seine Umsetzung bleibt freiwillig
BERLIN taz ■ Die DAX-Unternehmen sind Trendsetter guter Unternehmensleitung und -kontrolle in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung zur Akzeptanz des so genannten „Corporate Governance Kodex“ in deutschen Unternehmen durch das Berlin Center of Corporate Governance (BCCG), die gestern in Berlin vorgestellt wurde.
Der Corporate Governance Kodex gibt Empfehlungen für gute Unternehmensführung und -überwachung. Der Kodex ist nicht verbindlich. Börsennotierte Unternehmen müssen jedoch einmal im Jahr veröffentlichen, ob sie die Empfehlungen befolgt haben.
Während die von der Bundesregierung eingesetzte Corporate-Governance-Kommission die hohe Akzeptanz des Kodex lobt, ergab eine Studie der Personalberatung Heidrick & Struggles, dass deutsche Konzerne bei der Umsetzung der Corporate-Governance-Regeln Europas Schlusslicht bilden. Sie kommt zu dem Schluss, der Kodex gehe „offensichtlich nicht annähernd weit genug“.
Eine zentraler Bestandteil des Kodex ist, dass Vorstandsvorsitzende nicht automatisch in den Aufsichtsrat wechseln sollen. Die BCCG-Studie zeigt jedoch, dass diese Empfehlung bei den DAX-Unternehmen nicht flächendeckend umgesetzt wird. Als Beispiel aus der Praxis nennt Reinhild Keitel, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), die DAX-Unternehmen Volkswagen und MAN. Dort sei „gegen den Geist guter Corporate Governance“ verstoßen worden. Sie kritisiert, der Kodex enthalte lediglich „unverbindliche Empfehlungen“ und biete keine Handhabe zur Durchsetzung. Wenn eine Empfehlung den Unternehmen nicht passe, „weichen sie einfach aus“, so Keitel.
Die mangelnde Durchschlagskraft des freiwilligen Kodex zeige sich auch bei der Offenlegung von Vorstandsgehältern. Diese sind schon länger im Kodex festgeschrieben, doch erst seit der gesetzlichen Verpflichtung im vergangenen Jahr werden die Vorstandsgehälter auch überall veröffentlicht.
Eine Studie des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton attestiert den deutschen Unternehmen, Governance-Themen zu unterschätzen. Deren Experte Klaus-Peter Gushurst vermutet: „Die Schwäche vieler deutscher Unternehmenslenker bei der strikteren Umsetzung von Corporate Governance führt dazu, dass künftig mehr international erfahrene Führungskräfte in das Management deutscher Konzerne rücken.“
Ein Grund für die Einführung des Kodex war die weitreichende Verflechtung der deutschen Großkonzerne. Mit der wechselseitigen Besetzung der Vorstände und Aufsichtsräte sollte ein heimisches Netzwerk, die Deutschland-AG, entstehen, das feindliche Übernahmen durch ausländische Finanzinvestoren erschwert. SABINE GUSBETH