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Archiv-Artikel

Der Kiez soll heute beben

30.000 Fans wollen mit St. Pauli den Aufstieg in die zweite Bundesliga feiern. Großes Polizei-Aufgebot soll Ausschreitungen verhindern. Planungen für kommende Saison in vollem Gange

VON MARCO CARINI

Der Countdown läuft. Geht alles glatt, wird sich heute Abend ab 21. 20 Uhr das Millerntor-Stadion in ein Tollhaus verwandeln. Schon ein Unentschieden gegen Dynamo Dresden reicht dem FC St. Pauli, um nach vier langen Jahren in den Niederungen der Regionalliga den Aufstieg in die zweite Bundesliga perfekt zu machen. 16.000 Zuschauer in der seit Monaten ausverkauften Spielstätte und mindestens 30.000 Fans auf dem Spielbudenplatz, wo das Spiel auf Großbildleinwand übertragen werden und die anschließende Aufstiegsparty steigen soll, wollen das Rotlicht-Viertel in ein einziges Freudenhaus verwandeln.

Trainingsgelände Kollaustraße, 30 Stunden vor Spielanpfiff. Von Nervosität ist unter den Spielern nichts zu spüren. „Ganz ruhig und entspannt“ fühlt sich Abwehrspieler Marcel Eger. Michel Mazingu-Dinzey, der mehr als ein Jahr kein Wort mit der Presse redete, berlinert unterdessen mit den anwesenden Medienvertretern über seinen bevorstehenden Besuch in einem Tattoo-Studio und später in seiner kongolesischen Heimat.

Florian Lechner verrät, dass er am Mittwoch ein „sehr gutes Vertragsgespräch“ mit Sportchef und Trainer Holger Stanislawski hatte und wohl „am Millerntor bleibt“, nun aber erst „mal seine Bude aufräumen muss“, weil die gesamte Verwandtschaft des gebürtigen Schwaben sich zum Saisonfinale angekündigt hat. „Attacke und drei Punkte holen“, gibt Mittelfeldmotor Timo Schulz als Devise für das Spiel aus und ergänzt: „Bevor wir das geschafft haben, denkt hier niemand ans Feiern“. Doch ernsthaft zweifelt keiner der Spieler daran, dass heute der Aufstieg perfekt gemacht wird. „Ich lass keinen rein, dann war’s das“, flachst Torhüter Patrick Borger, der 2007 am Millerntor noch kein einziges Mal hinter sich greifen musste.

Weniger entspannt geht es hingegen derzeit in der Hamburger Polizeizentrale zu. Da die Fans vom Hamburger Kiez und die Dresdener Gästen nicht gerade eine enge Freundschaft verbindet, Dresden zudem nur bei einem Sieg noch Aufstiegschancen besitzt, mag die Polizei Krawalle nicht ausschließen. „Wir werden für eine Trennung der Fangruppen sorgen“, kündigt Polizeisprecher Ralf Meyer an. Acht Hundertschaften sollen im Einsatz sein, und auch die Pauli-Fans werden im Stadion nur mit alkoholfreiem Astra auf den erwarteten Aufstieg anstoßen können.

Während die Sicherheitsplanungen und Fetenvorbereitungen auf vollen Touren laufen, plant Noch-Sportchef Holger Stanislawski, der in den kommenden Tagen einen Zwei-Jahresvertrag als Trainer unterzeichnen wird, unter Hochdruck die kommende Saison. In den vergangenen Wochen führte er Gespräche mit zahlreichen Spielern, mit denen sich der Club verstärken will.

Auf der Liste der Kandidaten stehen die Mittelfeldspieler Tobias Schweinsteiger (Braunschweig) und Björn Brunnemann (Erfurt), die „Stani“ schon im vorigen Jahr gerne verpflichtet hätte, genauso wie Oliver Hampel und Benny Feilhaber vom Ortsrivalen HSV. Doch erst wenn der Aufstieg definitiv feststeht, sollen neue Verträge geschlossen werden. So steht auch noch kein einziger Abgang aus dem aktuellen Spielerkader fest – Blumen zum Abschied wird es diesmal beim letzten Heimspiel wohl nicht geben.