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Archiv-Artikel

Staatsrat-Pressestelle fordert Fotopause

Verfolgungsjagd auf der Autobahn. Ein Wachmann sagt vor dem Untersuchungsausschuss Feuerbergstraße aus, er habe beim Transport eines Jungen anhalten sollen, damit die folgende Presse ein Foto machen könne

Mit Gregor Rhode sagte jetzt erstmals ein Mitarbeiter des privaten Wachdienstes „Securitas“ vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Feuerbergstraße aus. Er war als Zeuge geladen, weil er als Begleiter im Auto saß, als am 7. August 2003 ein in den Medien als „Kindergangster“ bezeichneter Zwölfjähriger vom geschlossenen Heim zu einer Jugendwohnung an die Küste gefahren wurde – verfolgt von Journalisten.

Um den Jungen, der nur drei Wochen lang in dem Heim war, hatte es zuvor ein Tauziehen gegeben. Das Familiengericht verweigerte die Einweisung eines so jungen Kindes ins geschlossene Heim. Die Sozialbehörde machte dies publik, nannte auch Vornamen, Alter und Strafvorwürfe.

Als der Junge, aus Schutzgründen im PUA „JL 11“ genannt, schließlich vom Heim abtransportiert wurde, lauerten Fotografen vor der Tür. „Wir hatten die gesamte Fahrt über Presse hinter uns“, erinnerte sich Rhode. Auf der Autobahn, kurz vor dem Nord-Ostseekanal, habe er überraschend Anrufe auf seinem Privathandy bekommen, sie mögen anhalten, damit die Presse ein Fotos machen kann. Im Dienstbuch hatte Rhode seinerzeit notiert, es sei ein Anruf „aus der Pressestelle des Staatsrates“ gewesen. Vor dem PUA konnte er sich an den Anrufer nicht erinnern, weil die Telefonverbindung schlecht gewesen sei. Es sei entweder Behörden-Abteilungsleiter Dirk Bange gewesen oder „jemand, der sich auf ihn berufen hat“. Letzteres passt zur Aussage der Psychologin des Familieninterventionsteams, Silvia Kristian. Sie erklärte im Februar vor dem PUA, „letztendlich habe ich angewiesen, dass der Bus anhält und es ein Foto gibt“. Sie habe dies mit dem Vorgesetzten Bange abgestimmt.

Rhode und der vom Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) gestellte Fahrer entschieden, nicht anzuhalten. Der Jugendliche habe Angst gehabt und „wollte sich nicht fotografieren lassen“, erinnert sich der 39-Jährige.

Der Senat hat den Vorgang bereits bestätigt und erklärt: „Es ging darum einen Unfall zu verhindern.“ Doch unmittelbare Unfallgefahr bestand laut Rhode nicht. Es sei „mehr eine Drängelei“ gewesen, bei der der Fahrer des Verfolgerautos höchstens sich selber gefährdet habe, weil er „eine Hand am Steuer und eine an der Kamera hatte“.

Die Öffentlichkeitsarbeit der Sozialbehörde wird auch heute Thema im PUA sein, wenn ab 17 Uhr im Haus der Patriotischen Gesellschaft die frühere Pressesprecherin Annika Wichert als Zeugin auftritt. KAIJA KUTTER