Die perfekten Sommerferien

Sonne und Schwerelosigkeit, gepaart mit einem kleinen Abenteuerthrill: Detlev Buck verfilmt den Kinderbuchbestseller „Hände weg von Mississippi“ von Cornelia Funke

Detlev Buck hat einen Kinderfilm gedreht. Vorlage war das beliebte Kinderbuch „Hände weg von Mississippi“ von Cornelia Funke. Mit seinem letzten Kinofilm „Knallhart“ sorgte Buck für Aufregung. Der Film zeichnete ein düsteres Bild des Berliner Kiezes Neukölln. Ein deutscher Junge gerät dort ins Kleinkriminellen-Milieu und muss am Ende eine Hinrichtung durchführen. Der Film war eine Gratwanderung zwischen sozialem Realismus und Gangsterfilm, der in der Story und den Dialogen bisweilen etwas holprig und überstrapaziert wirkte. Der neue Film kommt dagegen einer Erholungsreise gleich, angelegt als Gegenbild zu den monochromen Bildern von „Knallhart“.

„Hände weg von Mississippi“ zeigt uns die perfekten Sommerferien; Sonne und Schwerelosigkeit, gepaart mit einem kleinen Abenteuerthrill. Diese Atmosphäre fängt Buck in farbreichen Bildern ein. Sonnenschwere Bienen, die sich von Blüte zu Blüte schleppen, und Schmetterlinge, die flattrig eine kühle Brise versprechen. Gedreht wurden die liebevollen Aufnahmen von Flora und Fauna im Biosphärenreservat Schaalsee, das im ehemaligen Grenzgebiet Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein liegt. Buck zeigt hier wie auch in „Knallhart“ ein sympathisches Interesse für ein detailgenaues Setting. Was dort die bunten Neuköllner Läden sind, in denen Kulinarisches und Ramsch feilgeboten wird, sind hier Tante-Emma-Geschäfte mit überfetter Torte. Die Geschichte folgt dem klassischen Kinderfilm-Schema. Es werden skurrile Personen versammelt, angefangen bei Oma Dolly (Katharina Thalbach). Als Selfmade-Lady lebt sie mit den Überflüssigen der Wohlstandsgesellschaft, Hunden, Schweinen und Katzen auf einem kleinen Hof. Es gibt den Dorfnarren, der sich von der falschen Seite verführen lässt, die Pomeranze, die die Landstraße als Catwalk benutzt, und natürlich Buck selbst, der einmal mehr die Parodie eines Staatsangestellten gibt. Und da ist Emma (Zoë Charlotte Mannhardt), die Heldin des Films. Ausgestattet mit einer Portion Witz, Mut und Engagement, weiß sie genau, was sie will und wie sie es durchsetzen kann. Zusammen mit Oma und FreundInnen will sie eine alte Stute retten. Emma kommt daher als die ideale Umweltaktivistin. Aber das Charisma für eine filmüberdauernde Strahlkraft fehlt ihr.

Es ist auch ein Film, der in schlagworthafter Einfachheit das Thema Globalisierung verhandelt. Hier wird ein Problemfeld kindgerecht als Kulisse benutzt, das für die erwachsenen ZuschauerInnen bisweilen etwas dröge aufbereitet wirkt. Auch ein Kinderfilm dürfte es sich leisten, die Grenzen zwischen Gut und Böse differenzierter zu gestalten, als dies hier geschieht. Der böse Kapitalist aus der Stadt bricht ins ländliche Idyll ein; will auf dem Anwesen seines Onkels einen Discounter eröffnen und gefährdet damit die regionale Struktur. Es wird eine Robinsonade über ein idealisiertes Landleben entwickelt, indem die Menschen, drapiert in folkloristischen Gewändern, in gemütlichem Einverständnis mit der Natur leben. Der Kapitalist kommt kaltschnäuzig in neurotischer Haute Couture daher. Der Film will in erster Linie unterhalten, was man ihm nicht vorwerfen kann. Eher schon, dass sich die Geschichte an zu oft gesehenen Plotstrukturen entlanghangelt, es an Subtilität mangelt. Buck versucht eher intuitiv eine Stimmung einzufangen, als sich intensiv auf seine Figuren einzulassen. REBECCA WILBERTZ

„Hände weg von Mississippi“, Regie: Detlev Buck. Mit Zoë Charlotte Mannhardt, Katharina Thalbach u. a., D 2007, 98 Min.